24. 01. 2023
10,7 Milliarden Franken Wertschöpfung durch öV-Leistungen im Pandemie-Jahr 2020
Vor der Corona-Pandemie generierten öV-Unternehmen in der Schweiz eine Wertschöpfung von rund 1,7 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP). Dies zeigte die LITRA zusammen mit Swissrail vor zwei Jahren mit einer Studie für das Jahr 2018. Die Corona-Pandemie führte im öV vorübergehend zu einem massiven Einbruch beim Personenverkehr und zu Einschränkungen beim Güterverkehr und bei den Infrastrukturen. Im Personenverkehr mussten die Transportunternehmen rasch umdisponieren und unter anderem Rückstellungen im Umfang von 144 Millionen Franken auflösen. Zur Aufrechterhaltung des öV-Betriebs haben Bund und Kantone die öV-Branche im Jahr 2020 zusätzlich mit 435 Millionen Franken unterstützt. Wie hat sich das erste Corona-Pandemiejahr 2020 auf die volkswirtschaftliche Bedeutung des öV ausgewirkt? Mit einer aktualisierten Studie zeigt die LITRA, dass der Passagiereinbruch bei den öV-Leistungen den Umsatz und die Wertschöpfung im Jahr 2020 beeinträchtigte. Die öV-Investitionen entwickelten sich dagegen positiv. Die Beschäftigung mit Bezug zu öV-Leistungen und öV-Investitionen lag 2020 bei weiterhin eindrücklichen 84'500 Vollzeitäquivalenten.
Die LITRA und Swissrail liessen vor gut zwei Jahren die volkswirtschaftlichen Bedeutung des öV für das Jahr 2018 untersuchen. Die direkte inländische Wertschöpfung der öV-Leistungen entsprach 2018 ungefähr der Grösse der Telekommunikationsbranche. Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie kam es im öV ab März 2020 allerdings zu einschneidenden Einbrüchen. Erst im Laufe des Jahres 2022 hat sich die Situation grösstenteils normalisiert. Im Auftrag der LITRA hat das Forschungs- und Beratungsunternehmen INFRAS die Daten zu Umsatz, Wertschöpfung und Beschäftigung des öV für das Jahr 2020 aktualisiert. Die vorliegende Aktualisierung für 2020 fokussiert wie bereits die Studie für 2018 auf den Schienen- und den öffentlichen Strassenverkehr.
ÖV-Leistungen: Die Pandemie beeinträchtigte 2020 erwartungsgemäss Umsatz und Wertschöpfung
Die «öV-Leistungen» umfassen die Leistungen der Transportunternehmen und der Infrastrukturgesellschaften des öV. Sie kamen 2020 in der Schweiz auf einen Umsatz von 11,6 Milliarden Franken. Dieser Wert liegt knapp 11 Prozent unterhalb der 13 Milliarden Franken von 2018.
Sehr hoch ist wiederum die inländische Wertschöpfung, die aus diesem Umsatz resultiert: 2020 generierten die öV-Leistungen in der Schweiz eine direkte Wertschöpfung von 8,0 Milliarden Franken, was wiederum mit der Telekommunikationsbranche vergleichbar ist (8,4 Milliarden Franken). Wird zusätzlich die indirekte Wertschöpfung der öV-Leistungen berücksichtigt, d.h. die Nachfrage nach Vorleistungen, so resultierte 2020 eine Wertschöpfung von insgesamt 10,7 Milliarden Franken. Gegenüber dem Jahr 2018 entspricht dies einem Rückgang von rund 12 Prozent. Gemessen am Schweizer Bruttoinlandprodukt machte die direkten und indirekte Wertschöpfung der öV-Leistungen im Jahr 2020 rund 1,5 Prozent aus, nach 1,7 Prozent im 2018.
Hohe öV-Investitionen im Jahr 2020 stützen die Schweizer Volkswirtschaft
Positiv war 2020 die Entwicklung bei den öV-Investitionen, die auf einen langfristigeren Zeithorizont ausgerichtet sind. Die «öV-Investitionen» umfassen alle Unternehmen, die Investitionsgüter des öffentlichen Verkehrs herstellen. Gemeint sind etwa Industrieunternehmen, Baufirmen und Ingenieurbüros, die für den öV den Bau von Tunnels, die Entwicklung von Betriebsleitsystemen, den Unterhalt des Schienennetzes oder die Herstellung von Rollmaterial und Fahrzeugen übernehmen.
Das öV-Investitionsvolumen betrug 2020 5,6 Milliarden Franken (+6 Prozent gegenüber 2018). Daraus resultierte eine direkte Wertschöpfung in der Höhe von 2,2 Milliarden Franken und eine indirekte Wertschöpfung (Vorleistungen) von 1,7 Milliarden Franken. Die Summe der direkten und indirekten Wertschöpfung der öV-Investitionen lag 2020 rund 8 Prozent höher als 2018.
Der öV war 2020 für 2,1 Prozent der gesamten Schweizer Beschäftigung verantwortlich
Rund 42'000 Vollzeitäquivalente (VZÄ) waren 2020 in der Schweiz direkt für die Erbringung der öV-Leistungen beschäftigt. Das entspricht ungefähr der Menge der VZÄ in der Pharma- (44'000) oder der Versicherungsbranche (42'000). Weitere 17’200 VZÄ standen indirekt mit den öV-Leistungen in Verbindung, d.h. in der Produktion von Vorleistungen. Direkt im Bereich der öV-Investitionen waren in der Schweiz zusätzliche 14'300 VZÄ beschäftigt. Hinzu kamen 11'000 VZÄ, die Vorleistungen für die öV-Investitionen erbrachten.
Die gesamte Beschäftigung mit Bezug zu öV-Leistungen und öV-Investitionen lag 2020 somit bei 84'500 VZÄ. Das entspricht 2,1 Prozent der gesamten Schweizer Beschäftigung 2020. Gegenüber den für 2018 berechneten und geschätzten Daten ergibt sich ein leichter Rückgang von rund 4 Prozent. Gemäss den Daten veränderte sich die indirekte Beschäftigung der öV-Leistungen gegenüber 2018 am stärksten.
In der Studie für 2018 hatten die LITRA und SWISSRAIL zusätzlich die Beschäftigung im Bereich der Exporte der Schweizer öV-Industrie ermittelt (Exporte von Investitionsgütern für den öffentlichen Verkehr im Ausland): Diese Zahl ist für 2020 nicht aktualisiert worden, 2018 waren hier zusätzlich 4’400 VZÄ beschäftigt.
Fazit: Weitsichtige politische Unterstützung in einem herausfordernden Pandemiejahr 2020
Der Dämpfer beim Umsatz und bei der Wertschöpfung der öV-Leistungen im Jahr 2020 überrascht nicht: Die Passagierzahlen und die Einnahmen im öV brachen ab März 2020 infolge der Pandemie ein. Im 2022 hat sich die Nachfrage im öV glücklicherweise wieder erholt, wie die LITRA und der Verband öffentlicher Verkehr mit dem Quartalsreporting Bahn 3|2022 gezeigt haben. Der Anstieg der öV-Investitionen im ersten Pandemiejahr 2020 gegenüber 2018 ist hingegen ein positives und wichtiges Signal. Für die nachhaltige Mobilität in der Schweiz ist und bleibt der öV ein wichtiger Teil der Lösung. So stärken die Investitionen den öV in der Schweiz und tragen gleichzeitig massgeblich zur Wertschöpfung in der Schweizer Bauwirtschaft bei. Bei der Beschäftigung gab es gemäss den vorliegenden Berechnungen und Schätzungen zwischen 2018 und 2020 zwar einen leichten Rückgang, doch konnten viele Fachkräfte weiterbeschäftigt werden. Ein genereller Trend lässt sich daraus nicht ableiten. Die öV-Leistungen und die öV-Investitionen sorgen in der Schweiz weiterhin für viele Arbeitsplätze.
Die Politik hat mit Bezug zur Corona-Pandemie und dem öffentlichen Verkehr weitsichtige Entscheide gefällt. Rückblickend hat sich die Aufrechterhaltung des öV-Betriebs in mehrfacher Hinsicht ausbezahlt, trotz zusätzlicher finanzieller Unterstützung. Dank umfangreichen Effizienz- und Sparmassnahmen, der Auflösung von Reserven sowie den ausserordentlichen Abgeltungen der öffentlichen Hand gewährleistete der öV in der Krise jederzeit ein Mobilitätsangebot für alle. Und dies mit gesundheitlichen Schutzmassnahmen von hoher Qualität. Gleichzeitig konnte die Wertschöpfung bei den öV-Leistungen mit wenig Abstrichen gesichert werden, mit einem weiterhin gewichtigen öV-Anteil von 1.5 Prozent am BIP im Jahr 2020. Keine Abstriche gab es bei den öV-Investitionen, was sich positiv auf die öV-Industrie auswirkt und den öV langfristig stärkt. Schliesslich konnte das Personal im Schienen- und im öffentlichen Strassenverkehr behalten werden. Die ermöglichte es den Unternehmen, den anschliessenden Aufschwung reibungslos zu bewältigen. Auch vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftemangels hat es sich als Vorteil erwiesen, das kompetente Personal weiterbeschäftigen zu können.
Hinweise und Kontakt
Eine PDF-Datei mit den vollständigen Ergebnissen für 2020 steht auf dieser Seite zum Herunterladen zur Verfügung. Die wichtigsten Resultate für 2018 und 2020 sind zudem im LITRA-Datenportal (Thema Volkswirtschaft > Studie Bedeutung des öV) visualisiert.
Zu beachten: Bei den öV-Leistungen (Umsatz und Wertschöpfung) sind die nachträglichen finanziellen Abgeltungen von Bund und Kantonen von 435 Millionen Franken, mit denen Einbussen aufgrund von SARS-CoV2 im Jahr 2020 ausgeglichen wurden, nicht eingerechnet.
Für weiterführende Auskünfte:
- Martin Candinas, Präsident LITRA | +41 78 841 66 86
- Simon Steinlin, Leiter Projekte und Kommunikation LITRA | +41 79 567 04 60, simon.steinlin@litra.ch
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