17. 12. 2020
17. 12. 2020
Blogbeitrag «Wie steht es um den öffentlichen Verkehr und dessen volkswirtschaftliche Bedeutung?»
Der öffentliche Verkehr steht unter dem Bann des Coronavirus. Die Nachfrage hat sich im Sommer leicht erholt, ist aber im Zuge der verschärften Massnahmen wieder gesunken. Für den öV steht allerdings mehr auf dem Spiel als die Auslastungszahlen der Transportunternehmen suggerieren: Denn der öV ist ein bedeutender Wirtschaftszweig. Das hat die gemeinsame Studie von LITRA und Swissrail, die im Juni publiziert wurde, gezeigt.
Der öV produziert mit all seinen Vorleistungen eine Wertschöpfung von mehr als 13 Mia. Franken und beschäftigt rund 100'000 Personen. Aufgrund der Unsicherheit rund um die Corona-Pandemie stellt sich eine Reihe von Fragen: In welcher Verfassung ist der öV aktuell? Was bedeutet die aktuelle, schwierige Situation für die volkswirtschaftliche Bedeutung des öV? Aus Sicht des grössten industriellen Arbeitgebers der Schweiz, eines Transportunternehmens und aus Sicht des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO)?
An unserem Live-Event vom 16. Dezember 2020 begrüsste LITRA-Präsident Martin Candinas folgende Gäste:
- Staatssekretärin Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch (Direktorin des SECO sowie der Direktion für Aussenwirtschaft)
- Peter Jenelten (Präsident Swissrail)
- Gerd Scheller (CEO Siemens Mobility AG)
- Michael Schürch (Geschäftsführer Zentralbahn)
Die Aufzeichnung unseres Live-Events mit den Referaten von Peter Jenelten, Gerd Scheller und Michael Schürch und dem Gespräch mit Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch finden Sie hier:
Die Auslastung im öffentlichen Verkehr ist gegenüber dem Vorjahr stark gesunken und liegt aktuell im Fernverkehr bei rund 50% und im Regionalverkehr bei rund 60%, führte Martin Candinas zu Beginn der Veranstaltung aus. Diese Einbrüche hätten sehr einschneidene Folgen auf der Einnahmenseite der Transportunternehmen. Nun müsse dem öV-System Sorge getragen werden. Nur so könne verhindert werden, dass der öV zusätzliche Anteile an den motorisierten Individualverkehr verliert. Aus volkswirtschaftlicher Sicht wäre es fatal, wenn die Transportunternehmen ihre Investitionen nun zurückfahren würden. Denn der öV umfasst nicht nur die Transportunternehmen, sondern eine lange Wertschöpfungskette aus Zulieferen, Infrastrukturunternehmen, Unternehmen der Bahnindustrie und exportorientierten Unternehmen.
Peter Jenelten hob die grosse Bedeutung des öV als Gesamtsystem hervor. Der öV, mit seinen Mobilitätsdienstleistungen, den Investitionen in die Infrastruktur und der Bahnindustrie erwirtschafte einen Umsatz von weit mehr als 13 Mia. Franken - 70% davon seien direkte Wertschöpfung und mit 93% haben die öV-Transportleistungen einen hohen Inlandanteil. Bei den Invesitionen beträgt dieser Anteil 68%, bei den Exporten 64%. Die aktuelle Lage sei natürlich eine Herausforderung für die Bahnindustrie, betonte Peter Jenelten. Gleichzeitig sei die Branche gut gerüstet, auch dank vorteilhaften politischen Rahmenbedingungen.
Auch bei der Zentralbahn ist der Nachfragerückgang durch Corona spürbar: Rund 45% liegen Nachfrage und Erträge unter dem Vorjahresniveau, führte Geschäftsführer Michael Schürch aus. Besonderes Augenmerk liege auf dem touristischen Verkehr. Bis Ende Jahr erwarte man einen Verlust von 20 Mio. Franken. Was bedeutet das?
Siemens Mobility beschäftigt rund 1000 Mitarbeitende in der Schweiz und erwirtschaftet einen Umsatz von rund 385 Mio. Franken, ein Grossteil davon im öV-Bereich. Was brauchts nun, damit die öV-Industrie möglichst rasch aus der Krise findet? Das haben wir Gerd Scheller, CEO von Siemens Mobility Schweiz gefragt.