20. 12. 2024

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20. 12. 2024

Verkehrspolitische Beschlüsse: Wintersession 2024

Zwischen dem 2. und dem 20. Dezember fand die Wintersession 2024 der eidgenössischen Räte statt. Nachfolgend werden die wichtigsten Beschlüsse zu verkehrspolitischen Geschäften in Kurzform zusammengefasst. Die Auflistung ist nicht abschliessend.

Die wichtigsten verkehrspolitischen Beschlüsse aus der Wintersession 2024 der eidgenössischen Räte. © SBB

Jeweils eine Woche vor Beginn der Session der eidgenössischen Räte fasst die LITRA relevante verkehrspolitische Geschäfte der anstehenden Session in ihrer verkehrspolitischen Vorschau kurz und knapp zusammen. Die aktuelle verkehrspolitische Vorschau zur Wintersession ist online zugänglich und kann via Newsletter abonniert werden.

In den verkehrspolitischen Beschlüssen werden nach Sessionsende die wichtigsten Entscheide, welche den öffentlichen Verkehr betreffen, zusammengefasst. Weiterführende Informationen zu den jeweiligen Geschäften sind in der aktuellen verkehrspolitischen Vorschau oder auf der verlinkten Seite des Parlamentsgeschäfts zu finden.

Budget 2025: nachhaltige Finanzierung des öffentlichen Verkehrs

Der Bundesrat unterbreitet der Bundesversammlung einmal jährlich mit einer Botschaft den Voranschlag mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan (IAFP). Dieser gibt für das Budgetjahr und die drei darauffolgenden Planjahre die geplanten Aufwände und Investitionsausgaben, die geschätzten Erträge und Investitionseinnahmen, die Gesamtausgaben und die geschätzten Gesamteinnahmen wieder.

In seiner «Botschaft zum Voranschlag 2025 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2026 – 2028» sieht der Bundesrat verschiedene Kürzungen im Bereich öffentlicher Verkehr vor. Im Rahmen der Wintersession haben die beiden Räte das Budget 2025 angenommen und dabei verschiedene öV-relevante Geschäfte beraten:

  • Regionaler Personenverkehr: Die beiden Räte wollen den regionalen Personenverkehr (RPV) mit 1’134,5 Millionen Franken unterstützen. Dies entspricht einer Erhöhung von rund 7,7 Millionen Franken gegenüber dem Vorschlag des Bundesrates (1’126,8 Millionen Franken).
  • Grenzüberschreitend Personenverkehr: Die beiden Räte wollen den grenzüberschreitenden Personenverkehr mit 10 Millionen Franken unterstützen. Dies entspricht einer Einsparung von knapp 20 Millionen Franken gegenüber dem Vorschlag des Bundesrates (29,6 Millionen Franken).
  • Alternative Antriebssysteme für Busse und Schiffe: Die beiden Räte wollen die Umstellung auf alternative Antriebssysteme bei Bussen und Schiffen mit 36,3 Millionen Franken unterstützen. Dies entspricht einer Einsparung von 10 Millionen Franken gegenüber dem Vorschlag des Bundesrates (46,3 Millionen Franken).
  • Güterverkehrsanlagen und technische Neuerungen Güterverkehr: Die beiden Räte wollen den Güterschienenverkehr mit 62 Millionen Franken unterstützen. Dies entspricht einer Einsparung von gut 10 Millionen Franken gegenüber dem Vorschlag des Bundesrates (72,3 Millionen Franken).

Nachdem die beiden Räte den Voranschlag für das Budget 2025 im Rahmen der Wintersession angenommen haben, wird es im kommenden Jahr zeitnah darum gehen, dass der Bundesrat die Kreditsperre bei einzelnen Geschäften wieder aufhebt und so eine rasche Umsetzung dieser ermöglicht.

24.041 Voranschlag 2025 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2026-2028

Bahninfrastruktur: mehr Mittel für Betrieb und Unterhalt

Im Rahmen seiner Botschaft zur Bahninfrastruktur hält der Bundesrat fest, dass die Schweizer Bahninfrastruktur trotz hoher Verkehrsbelastung in einem ausreichenden bis guten Zustand sei. Durch entsprechende Investitionen in den Substanzerhalt soll die Qualität des Schweizer Eisenbahnsystems auch in Zukunft sichergestellt werden.

Dafür will der Bundesrat für die Jahre 2025 – 2028 einen Zahlungsrahmen von 16,4 Milliarden Franken für den Betrieb und die Erneuerung des bestehenden Schienennetzes, der Bahnanlagen und der Bahnhöfe bereitstellen. Zudem beantragt der Bundesrat für den gleichen Zeitraum einen Verpflichtungskredit von 185 Millionen Franken für Investitionsbeiträge an private Güterverkehrsanlagen.

Nachdem der Nationalrat den Bundesbeschluss in der Herbstsession mit 192 zu 3 Stimmen angenommen hat, trat auch der Ständerat einstimmig auf die Vorlage ein. Das Parlament hat den Finanzierungsrahmen für den Betrieb und Substanzerhalt der Bahninfrastruktur damit definitiv angenommen.

24.045 Finanzierung des Betriebs und Substanzerhalts der Bahninfrastruktur, der Systemaufgaben in diesem Bereich und zu Investitionsbeiträgen an private Güterverkehrsanlagen in den Jahren 2025–2028

öV-Angebot: kein Klimaticket nach österreichischem Vorbild

Mittels Standesinitiative fordert das Parlament des Kantons Jura die Bundesversammlung dazu auf, einen Entwurf für eine deutliche Preissenkung bei den Angeboten der SBB auszuarbeiten. Vergünstigungen im öffentlichen Verkehr seien eine gute und rasche Möglichkeit, den CO2-Ausstoss pro Kopf in der Schweiz drastisch zu senken. Als Vorbild dient den Initianten das Klimaticket in Österreich.

Nachdem bereits die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerates (KVF-S) die Initiative mit der Begründung der Tarifhoheit der Verkehrsunternehmen und mit Blick auf die aktuell angespannte Finanzlage des Bundes abgelehnt hat, entschied auch der Ständerat nicht auf die Vorlage einzutreten. Die Vorlage geht nun an den Nationalrat.

23.314 Attraktiverer öffentlicher Verkehr

Fernverkehr: Entwicklung eines Angebotskonzepts 2050

Eine Motion verlangt vom Bundesrat, dass dieser für den Zeitraum bis 2050 ein Angebotskonzept für die nationalen Fernverkehrslinien ausarbeiten lässt, der eine effiziente und vertaktete Erschliessung der ganzen Schweiz nach den Grundsätzen der Bahn 2000 gewährleistet. Damit eine effiziente Kombination von Verbindungen über lange, mittlere und kurze Strecken gewährleistet werden kann und gleichzeitig die internationalen Verbindungen im Sinne von Artikel 48a des Eisenbahngesetzes (EBG) sichergestellt und optimiert werden können, soll diese langfristige Vision für den Fernverkehr spätestens in der Botschaft 2030 konkretisiert werden.

Nachdem der Bundesrat in seiner Stellungnahm die Annahme der Motion empfohlen hat, trat auch der Ständerat im Rahmen der Wintersession einstimmig auf die Motion ein. Damit geht das Geschäft an den Nationalrat.

24.4036 Entwicklung eines Angebotskonzepts 2050 auf nationaler und internationaler Ebene

WEURO25: finanzielle Unterstützung für den öffentlichen Verkehr

Im Sommer 2025 findet in acht Städten der Schweiz die Women’s EURO 2025 (WEURO25) statt. Der Bundesrat hat am 31. Januar 2024 entschieden, die WEURO25 mit vier Millionen Franken zu unterstützen. Zu wenig aus Sicht des Ständerats. Er verlangt mit einer Motion, dass die WEURO25 mit 15 Millionen Franken unterstützt wird und diese in der Sportförderung, Landeskommunikation und öV-Ticketintegration eingesetzt werden. Die WEURO25 sei der Nachhaltigkeit verpflichtet. Dieses Ziel könne nur erreicht werden, wenn der öffentliche Verkehr gefördert werde.

Nachdem der Ständerat die Motion in der Frühjahrssession einstimmig bei 3 Enthaltung angenommen hat, trat auch der Nationalrat im Rahmen der Wintersession mit 116 Stimmen zu 43 Stimmen bei 19 Enthaltung auf die Vorlage ein. Damit geht das Geschäft an den Bundesrat.

24.3011 Die Chance der UEFA Women’s EURO 2025 nachhaltig nutzen

Sicherheit: Transportpolizei soll Elektroschockpistolen einsetzen dürfen

Die Sicherheit von Kundinnen und Kunden sowie der Mitarbeitenden im öV soll auch in Zukunft höchste Priorität geniessen. Eine Motion verlangt vom Bundesrat Massnahmen, dass Polizistinnen und Polizisten, welche im öV für die Sicherheit von Passagieren und Mitarbeitenden sorgen, neben den erlaubten Hilfsmitteln nach Artikel 4 der Verordnung über die Sicherheitsorgane der Transportunternehmen im öffentlichen Verkehr (VST), auch Elektroschockpistolen verwenden dürfen. Die Bestimmungen über den Waffeneinsatz und die Nutzungsbedingungen bleiben im Zuständigkeitsbereich der Transportpolizei.

Nachdem der Nationalrat die Motion in der Herbstsession mit 132 zu 60 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen hat, trat auch der Ständerat im Rahmen der Wintersession mit 27 Stimmen zu 7 Stimmen bei 1 Enthaltung auf die Vorlage ein. Damit geht das Geschäft an den Bundesrat.

23.4291 Der Transportpolizei die Hilfsmittel bieten, damit sie ihre Reaktion der konkreten Situation anpassen kann

Güterverkehrshaftung: keine Anpassung bei der Risikohaftung von Güterwaggons

Durch den Unfall im Gotthardbasistunnel im August 2023 hat die Frage der Risikoverteilung im Schienengüterverkehr neue Dringlichkeit erhalten. Das geltende Haftungsrecht bietet nicht allen Beteiligten gleiche Anreize zur Sicherheit des Schienengüterverkehrs beizutragen. Die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates (KVF-N) verlangt mit einer Motion vom Bundesrat klärende Bestimmungen über die Haftung beim Gütertransport auf der Schiene. Unter anderem sollen auch für Wagenhalter im Güterverkehr eine Gefährdungshaftung eingeführt und so die Haftungsprivilegien der Halter zum Nachteil der Eisenbahnunternehmen beseitigt werden.

Nachdem der Bundesrat in seiner Stellungnahm die Annahme der Motion empfohlen hat, lehnte der Nationalrat den Vorstoss im Rahmen der Wintersession mit 91 zu 89 Stimmen bei 4 Enthaltungen ab. Das Geschäft ist damit erledigt.

24.3823 Revision der Risikohaftung von Eigentümern von Güterwaggons

Beschaffungswesen: Schienengüterverkehr bleibt vom BöB befreit

Der Eisenbahnverkehr ist im Teilbereich des Güterverkehrs auf der Normalspur seit 2007 vom öffentlichen Beschaffungswesen (BöB) befreit. Das UVEK begründet diesen Entscheid damit, dass im Bereich des Güterverkehrs, im Vergleich zum konzessionierten Personenverkehr, genügend Wettbewerb bestünde.

Eine Motion verlangt vom Bundesrat, dass er in der Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen den Teilbereich des Güterverkehrs auf der Normalspur aus der Liste der Sektorenmärkte streicht, die nicht dem Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen unterstellt sind. Aus Sicht der Initianten sei diese Befreiung nicht gerechtfertigt und die Unterscheidung zum Personenverkehr nur schwer nachvollziehbar.

Nachdem sowohl die KVF-S als auch der Bundesrat in seiner Stellungnahm empfohlen haben nicht auf die Motion einzutreten, lehnte auch der Ständerat den Vorstoss im Rahmen der Wintersession mit 26 zu 12 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab. Das Geschäft ist damit erledigt.

24.3069 Der Teilbereich des Schienengüterverkehrs soll dem BöB unterstellt werden

Gütertransportgesetzt: Revision soll im Frühjahr verabschiedet werden

Der Bundesrat will den Gütertransport per Bahn und Schiff stärken, damit dieser einen noch grösseren Beitrag zur Versorgungssicherheit der Schweiz leisten kann. So soll der Schienengüterverkehr dank der digitalen automatischen Kupplung (DAK) einfacher, schneller und wirtschaftlicher werden. Für die Einführung der DAK will der Bundesrat 180 Millionen Franken zur Verfügung stellen.

Zudem soll der Einzelwagenladungsverkehr (EWLV) modernisiert und transformiert werden. Der Bundesrat sieht deshalb vor, den EWLV befristet zu fördern, mit dem Ziel, die Eigenwirtschaftlichkeit zu erreichen. Die Ausgaben sollen dabei vollständig kompensiert werden. Hierfür soll ein Teil der Einnahmen aus der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) verwendet werden, der sonst in den Bahninfrastrukturfonds (BIF) fliessen würde.

Nachdem der Ständerat das vom Bundesrat vorgeschlagenes Reformpaket in der Herbstsession mit 35 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen angenommen hat, war geplant, dass sich der Nationalrat dem Geschäft in der Wintersession annimmt. Aus aktualitätspolitischen Gründen musste die Beratung des Geschäfts verschoben werden. Es ist weiterhin geplant, dass die Revision des Gütertransportgesetztes in der Frühjahrssession verabschiedet werden kann.

24.017 Gütertransportgesetz (Gütertransport durch Bahn- und Schifffahrtsunternehmen). Totalrevision

PNR-System: Flugpassagierdatengesetz nimmt erste Hürde

Der Bundesrat will ein neues Flugpassagierdatengesetz schaffen, welches es der Schweiz ermöglicht, ein nationales PNR-System (Passenger Name Records) einzurichten. Das neue Flugpassagierdatengesetz regelt die Bekanntgabe von Flugpassagierdaten durch schweizerische und ausländische Fluggesellschaften an die Behörden, sowie die Bearbeitung dieser Daten zum Zweck der Bekämpfung von Terrorismus und anderer Schwerstkriminalität. 70 Länder, darunter alle EU-Mitgliedstaaten, die USA und Kanada, haben bereits ein nationales PNR-System. Der Zugriff auf diese Daten und ihr Verwendungszweck sind streng geregelt.

Nachdem die Sicherheitspolitischen Kommission (SIK-N) ihrem Rat die Annahme der Gesetzesvorlage empfohlen hat, ist auch der Nationalrat mit 166 zu 25 Stimmen bei 4 Enthaltungen auf die Vorlage eingetreten. Mehrere Minderheitsanträge bezüglich Datenschutzes wurden abgelehnt. Der Gesetzesentwurf geht nun an den Ständerat.

23.079 Flugpassagierdatengesetz

Eingereichte Vorstösse

Neben den traktandierten Geschäften wurden seitens Parlamentarierinnen und Parlamentarier auch verschiedene Vorstösse eingereicht. Unter anderem (nicht abschliessend):

  • Postulat: Bekämpfung der Verkehrsüberlastung, indem die Milliarden, die ursprünglich für den Ausbau von Autobahnen vorgesehen waren (der abgelehnt wurde), für Agglomerationsprojekte verwendet werden. (24.4293)
  • Motion: Ausbau des fahrradfreundlichen Strassennetzes dank dem NAF-Fonds (24.4294)
  • Motion: Für eine zwischen den Akteuren der Mobilität koordinierte Verkehrspolitik: Einrichtung eines Staatssekretariats für Verkehr (24.4302)
  • Motion: Volkswillen respektieren, Mineralölsteuer sofort senken (24.4367)
  • Parlamentarische Initiative: Schutz vor den Auswirkungen von Strassenlärm – eine Frage der öffentlichen Gesundheit, eine föderale Verantwortung (24.468)

Nach der Session ist vor der Session

Die Frühjahrssession der eidgenössischen Räte findet zwischen dem 3. und dem 21. März statt. In der Woche vor Sessionsbeginn publiziert die LITRA ihre verkehrspolitische Vorschau. Kompakt und verständlich informiert sie die LITRA über die öV-Geschäfte, welche für die Session im National- und Ständerat geplant sind.