15. 12. 2022
15. 12. 2022
Der Schienengüterverkehr in der Fläche muss gestärkt werden
Ein starker Schienengüterverkehr in der Fläche ist für die Zukunft des Schweizer Gütertransports unerlässlich. Allerdings befindet er sich seit Jahren in einer herausfordernden Lage. Der Bundesrat hat deshalb zwei Varianten zur Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für den Güterverkehr in die Vernehmlassung geschickt. An der Sessionsveranstaltung der LITRA vom 14. Dezember 2022 in Bern haben Akteure von Schiene und Strasse die vom Bundesrat vorgeschlagenen Varianten und Massnahmen besprochen. Es zeigt sich: Notwendig sind verschiedene Massnahmen mit einem angemessenen Mix aus Investitionen und anreizbasierten Förderungen, die diskriminierungsfrei und wettbewerbsneutral ausgerichtet werden.
Die Ausgangslage im Schienengüterverkehr
Der Schienengüterverkehr hat in der Schweiz zwei grosse Märkte:
- Im alpenquerenden Güterverkehr durch die Schweiz, dem Transitverkehr, hält die Schiene mit rund 80% der transportierten Güter einen sehr hohen Anteil im Vergleich zur Strasse.
- Umgekehrt sieht es beim Schienengüterverkehr in der Fläche aus, also dem Binnengüter-, Import- und Exportverkehr. Hier beläuft sich der Anteil der Strasse auf rund 80% der transportierten Tonnenkilometer.
Beim Schienengüterverkehr in der Fläche werden verschiedene Produktionsformen unterschieden: Mehr als die Hälfte der beförderten Wagen sind Einzelwagenladungsverkehr, rund ein Drittel sind Ganzzüge. Daneben besteht ein kleinerer Anteil an kombiniertem Verkehr.
Seit Jahren befindet sich der Schweizer Schienengüterverkehr in der Fläche in einer herausfordernden Lage. Die Bedürfnisse von Wirtschaft, Regionen und Klima-, Umwelt- sowie Finanzpolitik stehen in einem Spannungsfeld zur wirtschaftlichen Rentabilität.
LITRA-Präsident Martin Candinas begrüsst die anwesenden Mitglieder
LITRA-Präsident Martin Candinas – vor wenigen Wochen mit Glanzresultat zum Nationalratspräsidenten 2022|2023 gewählt – begrüsste in der Sessionsveranstaltung die anwesenden LITRA-Mitglieder. In seiner Begrüssung sprach er über die wichtige Rolle des öffentlichen Verkehrs für den Zusammenhalt des Landes. Er verwies auf einige aktuelle Themen der Verkehrspolitik und hob die Rolle der LITRA als Brückenbauerin hervor: Die LITRA betrachtet die Verkehrsträger ohne ideologische Scheuklappen. Seit ihren Anfängen will sie die richtigen Stakeholder zusammenbringen und mehrheitsfähige politische Lösungen gestalten. Das gilt auch beim Güterverkehr, dem Thema der Sessionsveranstaltung.
Peter Füglistaler präsentiert die Vernehmlassungsvorlage zur Weiterentwicklung des Güterverkehrs
Nach der Begrüssung durch den Präsidenten betrat Peter Füglistaler, Direktor des Bundesamts für Verkehr (BAV), die Bühne. In seinem Kurzreferat stellte er die vom Bundesrat in die Vernehmlassung geschickte Vorlage zur Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für den Schweizer Güterverkehr vor. Der Bundesrat stellt darin zwei Varianten zur Diskussion:
- Die erste Variante sieht eine Stärkung des Schienengüterverkehrs und der multi-modalen Logistikketten vor. Dazu gehört ein Netzwerkangebot im Schweizer Einzelwagenladungsverkehr. Die Variante beinhaltet eine umfassende finanzielle Förderung verschiedener Massnahmen durch den Bund.
- Die zweite Variante verzichtet auf mehrere Massnahmen, die den Schienengüterverkehr stärken würden. Sie hätte zur Folge, dass bedeutende Güterbahnangebote verschwinden und auf die Strasse verlagert würden. Die Variante basiert auf der Hoffnung, dass der Strassenverkehr rechtzeitig dekarbonisiert wird und die Versorgungssicherheit mit einem reduzierten Angebot des Schienengüterverkehrs ausreichend gewährleistet werden kann
Die digitale, automatische Kupplung für den Schienengüterverkehr will der Bundesrat mit beiden Varianten unterstützen, ebenso die Rheinschifffahrt.
Podiumsdiskussion zur Zukunft des Binnengüterverkehrs
Gemeinsam mit Désirée Baer (CEO SBB Cargo), Frank Furrer (Generalsekretär Verband der verladenden Wirtschaft VAP), André Kirchhofer (Vizedirektor Schweizerischer Nutzfahrzeugverband ASTAG) und Dirk Stahl (CEO BLS Cargo) erörterte LITRA-Geschäftsführer Michael Bützer in einer Podiumsdiskussion verschiedene Fragen zur Zukunft des Schweizer Binnengüterverkehrs. Die vier Vertreterinnen und Vertreter von Schiene und Strasse sprachen sich alle grundsätzlich für die erste Variante in der Vernehmlassungsvorlage aus. Diese beinhaltet den Einzelwagenladungsverkehr. Diskutiert wurden auch die konkreten Massnahmen und Bedingungen des Fördersystems.
Fazit
Zum Abschluss der Sessionsveranstaltung fasste LITRA-Präsident Martin Candinas zusammen: Damit die Weiterentwicklung des Güterverkehrs im Sinne der Schweizer Energie- und Klimaziele gelingt und mehr Güter auf die Schiene kommen, braucht es Verbesserungen für die Schiene unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Interessen der Strasse und der Schifffahrt. Die Vernehmlassungsvorlage des Bundesrates muss folgende Ziele erfüllen: Die Versorgungssicherheit mit Gütern bleibt gewährleistet, mehr Güter werden nachhaltig transportiert und der Gütertransport auf der Schiene, auf der Strasse und in der Schifffahrt wird rascher modernisiert.
Diese Ziele können mit der vom Bundesrat vorgeschlagenen Variante 1 erfüllt werden. Wichtige Kriterien in diesem neuen Fördersystem sind Wettbewerbsneutralität sowie eine hohe Subventionseffizienz. Mit der Variante 2 wären die Ziele kaum erreichbar – der Anteil der Schiene im Gütertransport würde zurückgehen und auf der Strasse gäbe es gemäss Bundesrat bis zu 650‘000 zusätzliche Lastwagenfahrten pro Jahr.
Bereits am 2. November 2022 hatten die LITRA, ASTAG, IG Kombinierter Verkehr, der Verband der verladenden Wirtschaft VAP und der Verband öffentlicher Verkehr VöV eine gemeinsame Medienmitteilung zum Schienengüterverkehr in der Fläche und zur Notwendigkeit von Investitionen und anreizbasierten Förderungen veröffentlicht. Die darin gemachten Aussagen sind an der Sessionsveranstaltung bestätigt worden.