27. 12. 2017

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27. 12. 2017

Mobility as a Service: Nichts besitzen, alles nutzen und die perfekte Wahl haben

Im zweiten Blog unseres neuen Redaktionsteams schreibt Roman Zech über den Trend zur Mobility as a Service. Was bedeutet der Begriff, welche Entwicklungen gibt es, wo liegen Chancen und wo Herausforderungen?

Autor: Roman Zech

Wer heute eine Diskussion über Mobilität führt, redet über zwei Verkehrstypen: Autofahrer und öV-Nutzer. Das ergibt Sinn, denn beide werden zurzeit durch hohe Investition in Fahrzeuge respektive im Voraus bezahlte Abonnemente ans jeweilige Verkehrsmittel gebunden. Doch es gibt Anzeichen, dass sich diese klaren Grenzen aufheben werden.
Durch die zunehmende Automatisierung der Fahrzeuge auf Strasse und Schiene und das bessere Vernetzen zwischen den Kunden und dem Anbieter vermischen sich der individuelle und der öffentliche Verkehr langsam. Das bietet neue Chancen für die Entwicklung neuer Angebote im Verkehr, welche den Besitz von eigenen Fahrzeugen und Flat-Rate-Abos infrage stellen. Beispiele dieser Veränderung sind das erfolgreiche französische Ride-Sharing BlaBlaCar, das Auto vom chinesischen Hersteller Geely mit integriertem Sharingsystem für nicht selbstbenutzte Stunden oder der e-Taxi-Service Didi Chuxing, das «China UBER» mit 450 Millionen Nutzern.

«Mobility As A Service» - Mobilität aus seiner App

Zum Nutzen all dieser Angebote fehlt bisher aber ein wichtiger Baustein: Ein so disperses Angebot muss einfach zu nutzen sein. Denn wer eine 30-minütige Fahrt A nach B möchte, will nicht nochmals 30 Minuten mit vielen Kombinationen der Verkehrsmittel und noch mehr Varianten beim Ticketkauf verbringen.
Hier setzt «Mobility as a Service», kurz MaaS, an. Es schlägt dem Nutzer mit einer App für seine Strecke, abhängig von Zeit, Nutzerverhalten und Preisen wenige, intelligente Transportalternativen aus einer Kombination von mehreren Angeboten vor und kauft dann mit einem Klick alle nötigen «Services» auf dem Weg. Umfassend, bequem zu bedienen und vor allem günstig muss es sein. Denn die heutige starke Bindung ein Verkehrsmittel ist die grosse Herausforderung für neuartige Angebote.
Dabei übernimmt eine MaaS-App nicht nur die Koordination, sondern denkt mit: Stau vermeiden, Velo nur bei gutem Wetter und je nach Wunsch die schnellste oder günstigste Variante. Bestenfalls global verfügbar und mit integriertem Einhalten der CO2-Ziele.
Wettrennen um Daten
Am umfassendsten versucht das finnische Start-up MaaS Global, mit seiner App «Whim» eine Allzwecklösung für die Region Helsinki anzubieten. Auch der Automobilkonzern Daimler verbindet mit «Moovel» seine eigenen CarSharing-Angebote mit Taxidiensten und öV-Angeboten in Deutschland, neu auch in den USA.
Die Entwicklung einer App für die gesamte, persönliche Mobilität ist komplex und teuer, aber lukrativ. Für Mobilität wird in der Schweiz rund 10 Prozent des Haushaltsbudgets ausgegeben – weltweit werden die gesamten Mobilitätsausgaben pro Jahr auf 1.6 Billionen Dollar geschätzt.
Grund genug, dass mehrere Branchen versuchen, MaaS-Anbieter zu werden. Weitreichendes Know-how in zahlreichen Bereichen ist gefragt, das zurzeit breit auf IT-Konzerne, Autoindustrie, öV-Betreiber und Staat verteilt ist.

Die Profiteure: Kunden, nicht die Umwelt

Das Aufweichen der starren Trennung zwischen öffentlichem und individuellem Verkehr nützt dem Kunden. Er wird unabhängig vom Verkehrsmittel, hat ohne Eigentum ein vielfältiges Mobilitätsangebot auf dem Smartphone in der Hosentasche dabei und kann den zusätzlichen Aufwand für das Suchen einer Verbindung über günstigere Preise der intelligenten Angebote kompensieren.
Technische Innovationen mögen die schlechte Auslastung von Strassen, Autos, Zügen verbessern, Transportsysteme effizienter machen. Das führt zu günstigeren Preisen für die Nutzer, aber auch wieder zu mehr Nachfrage:
Einerseits wird MaaS diese Entwicklung verstärken. Nutzer können einfacher zum momentan günstigsten Verkehrsmittel wechseln oder schlau kombinieren. Andererseits ist MaaS ein mächtiges Lenkungstool für eine nachhaltige Verkehrsentwicklung. Dieses zu nutzen ist wichtig, denn mit beiden Aspekte vereint ist das ein Lösungsansatz für das heutige Verkehrsproblem.
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