23. 09. 2024

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23. 09. 2024

Die Schweiz braucht mehr öV, und nicht weniger! – LITRA-Mitgliederversammlung 2024

Rund 180 Mitglieder und Gäste nahmen am 18. September 2024 in Bern an der 88. Mitgliederversammlung der LITRA teil. Martin Candinas, Nationalrat und Präsident der LITRA, betonte die Rolle des öV als wesentlichen Standortvorteil für unsere Volkswirtschaft und zeigte auf, welche Folgen verschiedene Sparmassnahmen im Rahmen der Diskussionen zum Bundeshaushalt für die Mobilität in der Schweiz hätten. Im Anschluss an den statuarischen Teil wurden im Rahmen des Prix LITRA 2024 junge öV-Talente ausgezeichnet. Die Preise wurden übergeben von Bundesrat Albert Rösti, der sich im Anschluss an die Preisverleihung ebenfalls mit einer Ansprache zu aktuellen verkehrspolitischen Geschäften an die geladenen Gäste richtete.

Die Schweiz braucht mehr öV. Aber was darf dieser kosten? Und wer bezahlt? Rund 180 Mitglieder und geladene Gäste trafen sich in Bern zur 88. LITRA-Mitgliederversammlung. © LITRA

Vieles läuft im öffentlichen Verkehr in der Schweiz gut: So kann der Personenschienenverkehr seit dreizehn Quartalen ein ununterbrochenes Wachstum verzeichnen, und noch nie waren so viele Personen mit Massenverkehrsmitteln unterwegs wie in den vergangenen Monaten (-> zu den Verkehrszahlen 2024). Aber ein gut ausgebauter öV kostet auch Geld. Kaum ein anderes Thema gibt in Bundesbern aktuell so viel zu reden wie der Finanzhaushalt – und damit verbunden die Frage, wo gespart werden kann.

Davon wird auch der Verkehr – auf der Strasse und auf der Schiene – nicht verschont bleiben, ist der Verkehrsbereich doch der drittgrösste Ausgabenposten des Bundes. «Es ist wichtig und richtig, die Zweckmässigkeit der staatlichen Ausgaben regelmässig zu beurteilen», so Martin Candinas im Rahmen der 88. LITRA-Mitgliederversammlung in Bern. Der LITRA-Präsident mahnt jedoch zur Vorsicht und weist darauf hin, dass wir das gut funktionierende Finanzierungssystem im Verkehrswesen nicht durch einzelne Sparmassnahmen aufs Spiel setzen sollten.

Unterhalt vor Ausbau für eine gesunde Bahninfrastruktur

Als Beispiel nennt Martin Candinas den Bahninfrastrukturfonds BIF und betont, dass dieser «der entscheidende Erfolgsfaktor für den Schweizer öV ist, um den uns viele Länder beneiden.» Dank dem BIF bleiben Unterhalt, Betrieb und Ausbau der Bahninfrastruktur auf verlässliche Arte und Weise nachhaltig plan- und finanzierbar. «Heute werden 80 Prozent der BIF-Gelder für den Betrieb und Substanzerhalt verwendet. Der Rest geht in Ausbauprojekte», erklärt Martin Candinas.

Es sei wichtig, dass das Parlament dieser Verteilung auf den Unterhalt vor Ausbau auch in Zukunft Rechnung trage. Der BIF stehe heute gut da. «Deshalb dürfen wir den BIF nicht mit kurzfristigen Sparmassnahmen langfristig schwächen, das wäre fatal für unser öV-System», so der LITRA-Präsident.

Neben einer Präsidialansprache und dem statuarischen Teil der Mitgliederversammlung kam im Bellevue Palace in Bern auch der Austausch untereinander nicht zu kurz. © LITRA

Höherer Kostendeckungsgrad im RPV dank mehr Menschen im öV

Gleiches gilt für die Finanzierung des regionalen Personenverkehrs (RPV). Als zentrale Drehscheibe des Schweizer öV-Systems spielt dieser für die Mobilität in der Schweiz eine zentrale Rolle. Aktuell liegt der Kostendeckungsgrad des RPV im Durchschnitt bei 52 Prozent, doch können gleichzeitig im Fernverkehr Gewinne erzielt werden. Als Teil der Sparmassnahmen soll dieser mittels Tarifmassnahmen erhöht werden. Das heisst, indem die Nutzer mehr bezahlen, können die Abgeltungen seitens Bund und Kanton gesenkt werden.

Die LITRA teilt das Ziel, den Kostendeckungsgrad zu erhöhen, aber: «wir wollen das ohne Tarifmassnahmen erreichen, sondern indem wir mehr Personen in den öV holen», erklärt Martin Candinas. Dabei spielen vor allem die Qualität des Rollmaterials und das Angebot eine entscheidende Rolle. «Dies alles ist nicht ohne Zusatzabgeltungen zu haben. Die LITRA wird sich deshalb für eine massvolle Erhöhung des RPV-Kredits für die Periode 2026-2028 um 70 Mio. pro Jahr einsetzen.», erklärt Martin Candinas.

Rund 180 eingeladenen Mitglieder und Gäste genossen den Austausch in entspannter Atmosphäre und diskutierten rege über aktuelle verkehrspolitische Themen. © LITRA

Gütertransport und Umstellung auf umweltfreundliche Antriebe im Strassen-öV

Neben dem Personenverkehr setzt sich die LITRA auch für den Schienengüterverkehr ein. Es sei entscheidend, dass das System des Gütertransportes in der Schweiz fit gemacht werde für die Zukunft, um eine Rückverlagerung des Güterverkehrs von der Schiene auf die Strasse zu verhindern. Entsprechend wäre der volkswirtschaftliche Schaden bei einer Streichung der in der Revision des Gütertransportgesetztes vorgesehenen Beiträge für den Schienengüterverkehr grösser als die finanzpolitischen Einsparungen.

Im Interesse einer nachhaltigen Klimapolitik sei auch die Förderung alternativer Antriebssysteme für Busse und Schiffe, wie sie im neuen CO2-Gesetz vorgesehen ist. Die öV-Branche hat es sich zum Ziel gesetzt, bis 2040 ihre Massenverkehrsmittel auf umweltfreundliche Antriebe umzustellen. «Dieses bleibt ein ehrgeiziges Ziel. Aktuell sind die Anschaffungskosten bei den batteriebetriebenen Fahrzeugen noch sehr hoch, und dazu kommen die Kosten für die Ladeinfrastruktur», erklärt Martin Candinas. «Bei einem Verzicht auf die Anschubfinanzierung muss deshalb entweder die Umstellung auf umweltfreundliche Antriebe verzögert oder das öV-Angebot eingeschränkt werden.» Beides sei für die LITRA keine gangbare Option, umso mehr als so insgesamt keine Kosten im öV-System eingespart werden können.

Im statuarischen Teil der Mitgliederversammlung blickte der LITRA-Geschäftsführer auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr zurück. © LITRA

Neue Gesichter und einstimmige Wiederwahl der Bisherigen

Im statuarischen Teil der Mitgliederversammlung blickte LITRA-Geschäftsführer Michael Bützer auf das vergangene Geschäftsjahr zurück (-> zum Geschäftsbericht 2023|2024). Auf der ersten Mitgliederversammlung nach den eidgenössischen Wahlen finden bei der LITRA zudem die Gesamterneuerungswahlen statt. Im Rahmen dieser wurden elf bisherige Vorstandsmitglieder von der LITRA verdankt und verabschiedet:

  • Matthias Aebischer
  • Laurent Favre
  • Kurt Fluri
  • Olivier Français
  • Raimund Fridrich
  • Jean-Pierre Grin
  • Thomas Küchler
  • Marco Lüthi
  • Isabelle Pasquier-Eichenberger
  • Valérie Piller Carrard
  • Walter Wobmann

Vier ehemalige Vorstandsmitglieder wurden im Rahmen der LITRA-Mitgliederversammlung persönlich verabschiedet. Im Bild: LITRA-Geschäftsführer Michael Bützer, Alt Nationalrat Jean-Pierre Grin, Alt Nationalrat Walter Wobmann, Raimund Fridrich (Skyguide), Alt Nationalrat Kurt Fluri und LITRA-Präsident Martin Candinas. © LITRA

Gleichzeitig wurden folgende Personen neu in den Vorstand der LITRA gewählt:

  • Peter Dietrich, Generalsekretär und General Counsel, Skyguide
  • Jeannine Pilloud, President of the Board Alstom Switzerland
  • Fabian Peter, Präsident der KöV
  • Damien Cottier, Nationalrat Neuenburg
  • Josef Dittli, Ständerat Uri
  • Esther Friedli, Ständerätin St. Gallen
  • Delphine Klopfenstein Broggini, Nationalrätin Genf
  • Sandra Sollberger, Nationalrätin Basel-Landschaft
  • Bruno Storni, Nationalrat Tessin
  • Brenda Tuosto, Nationalrat Waadt

«Es ist schön, unter dir Präsident sein zu dürfen.» –LITRA-Präsident Martin Candinas bedankte sich bei Vize-Präsidenten Peter Spuhler für 25 Jahre Engagement in der LITRA. © LITRA

Peter Spuhler: 25 Jahre Engagement für die LITRA

Neben der neuen Zusammenstellung des Vorstandes wurden auch Vize-Präsident Peter Spuhler und LITRA-Präsident Martin Candinas in ihrem jeweiligen Amt bestätigt. Eine besondere Ehre wurde Stadler-Verwaltungsratspräsident Peter Spuhler zu teil: Seit 25 Jahren engagiert er sich für die LITRA, seit 24 Jahren in der Funktion des Vize-Präsidenten. Für seinen langjährigen Einsatz wurde Peter Spuhler von Martin Candinas besonders verdankt.

Im Anschluss an die Gesamterneuerungswahl des Vorstandes wurden in Bern auch verschiedene Neumitglieder bei der LITRA willkommen geheissen. Sie werden zu einem späteren Zeitpunkt auf der LITRA-Website individuell vorgestellt:

  • Arnold AG
  • cemsuisse
  • Gruner AG
  • Fondation modus
  • Oensingen Balsthal Bahn
  • Railtours suisse
  • Suisse.ing

Bundesrat Albert Rösti unterstrich in seiner Ansprache die Bedeutung des Schweizer öV und überreichten den Preisträgern des diesjährigen Prix LITRA die begehrte Auszeichnung. © LITRA

Prix LITRA 2024: Zwischen Instandhaltung, Fernreisen und individuellem Verhalten

Den feierlichen Abschluss der diesjährigen LITRA-Veranstaltung im Hotel Bellevue in Bern bildete die Verleihung des Prix LITRA 2024 in Anwesenheit von Bundesrat Albert Rösti. Seit 2012 vergibt die LITRA den begehrten öV-Preis: In diesem Jahr wurden drei herausragende Bachelor- und Master-Arbeiten aus drei Schweizer Hochschulen zu folgenden Themen ausgezeichnet: Die Instandhaltung der Bahninfrastruktur, die Optimierung der Bahnreisen in Europa und unsere individuellen Gewohnheiten bei der Wahl des besten Verkehrsmittels. Der Prix LITRA 2024 überzeugt mit einer spannenden Themenvielfalt.

Der Prix LITRA 2024: LITRA-Präsident Martin Candinas, Zachary Hansen (Preisträger), Livio Andina (Preisträger) und Bundesrat Albert Rösti. Nicht auf dem Bild: Matthias García (Preisträger). © LITRA

Im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung richtete sich Bundesrat Albert Rösti an die diesjährigen Preisträger – Zachary Hansen, Livio Andina und Matthias García – und bedankte sich für ihren Einsatz für eine nachhaltige Schweizer Mobilität. Der Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) richtete sich anschliessend mit einer kurzen Ansprache an die geladenen Gäste und betonte die Wichtigkeit des öV für die Schweiz; er betrachtete auch verschiedene aktuelle verkehrspolitische Geschäfte. (-> zur Preisverleihung des Prix LITRA 2024)