13. 06. 2022
13. 06. 2022
Wie holt die öV-Branche mehr Kundinnen und Kunden auf den öV?
Die öV-Branche hat zwei herausfordernde Jahre hinter sich. Mit der Aufhebung der Corona-Massnahmen steigt die Auslastung im öV wieder. Wie und ob sich die Pendlermobilität normalisieren wird, bleibt offen. Daneben gibt es beträchtliche Potenziale, weitere Kundensegmente für den öV zu gewinnen. In der öV-Branche laufen zahlreiche Bestrebungen, um die Auslastung im öV weiter zu steigern, insbesondere im Einkaufs, Freizeit- und Tourismusverkehr. Die LITRA hat an ihrer Sessionsveranstaltung vom 15. Juni 2022 einen Blick in die Werkstatt der öV-Unternehmen geworfen.
Zur Begrüssung der rund 90 anwesenden LITRA-Mitglieder, ParlamentarierInnen und Gäste blickte LITRA-Präsident Martin Candinas auf die vergangenen Monate im öV zurück. Auch 2021 erreichte die Nachfrage nur 65% des Niveaus vor der Pandemie. In den letzten Monaten hat sich der öV nun aber spürbar erholt und liegt inzwischen fast gleichauf mit der Nachfrage im Jahr 2019.
Doch mehr noch: Der öV erholt sich nicht nur, er erholt sich je nach Nutzungszweck und Bedürfnis unterschiedlich schnell. Der Trend zu mehr Homeoffice und damit weniger Mobilität im Berufsalltag führt zu einer Verlagerung hin zur Freizeitmobilität. Gleichzeitig wächst in der Bevölkerung der Anteil jener, die sich explizit nachhaltig bewegen und befördern lassen wollen. Die öV-Transportunternehmen sind gefordert: Sie müssen einerseits viele Kundinnen und Kunden zurückgewinnen, die während der Pandemie dem öV den Rücken gekehrt haben; andererseits müssen sie auf die veränderten Kundenbedürfnisse reagieren. Mit neuen Ideen und Angeboten.
Die LITRA hat deshalb die VertreterInnen von vier ihrer Mitgliederunternehmen gefragt: Was unternehmen Sie, um Ihre Kundinnen und Kunden zurückzugewinnen und insgesamt mehr Kundinnen und Kunden auf den öV zu holen?
Véronique Stephan, Leiterin Markt Personenverkehr, gab einen Einblick in das veränderte Kundenverhalten, das die SBB beobachten. Am raschesten erhole sich der Freizeitverkehr vom Rückgang während der Corona-Pandemie. Dieser sei bereits über das Niveau von vor der Pandemie geklettert. Entsprechend wolle die SBB das Freizeitangebot ausbauen und darauf hinwirken, dass mehr Leute in ihrer Freizeit mit dem öV unterwegs sein können. Denn man habe beobachten können, dass das Zeitbudget für Mobilität gleich bleibe, auch wenn viele Leute mehr zu Hause arbeiten würden.
Auch regionale und städtische Transportunternehmen reagieren auf die Verschiebung hin zu mehr Freizeitmobilität. Bei den Verkehrsbetrieben Schaffhausen ist so, mit tatkräftiger Unterstützung des Naturparks Schaffhausen, ein neues Freitangebot entstanden: Der Randenbus, der die Strassen bei Hemmental und Richtung Randengebirge entlastet und auf ein Bedürfnis von WandererInnen und SpaziergängerInnen antwortet. Martina Isler, stellvertretende Geschäftsführerin des regionalen Naturparks Schaffhausen, und Christoph Wahrenberger, Leiter Kommunikation bei den Verkehrsbetrieben Schaffhausen, haben das neue Angebot vorgestellt und erzählt, wie es entstanden ist.
Bei den Appenzeller Bahnen, die für viele der Inbegriff einer touristischen Bahn sind, wurde in den letzten Monaten ein neues Angebot geschaffen: Mit der sogenannten Bahnkreuzfahrt sollen Hotelaufenthalte mit Gratis-öV-Reisen quer durch die Region verknüpft werden, wie Marielle Müller, Leiterin Unternehmensentwicklung, ausführte. Die Appenzeller Bahnen haben in den vergangenen Jahren ihr Rollmaterial stark erneuert und die Infrastruktur modernisiert, bspw. mit der Inbetriebnahme des Ruckhaldetunnels und der Umgestaltung des Bahnhofs St. Gallen.
Stark getroffen von den Folgen der Corona-Pandemie wurden schliesslich die Zugerland Verkehrsbetriebe. Vielen vor allem als "Durchgangsort" bekannt ist die Stadt Zug vor allem auch eine Pendler-Drehscheibe. Nach dem Corona-Einbruch versuchen die Zugerland Verkehrsbetriebe deshalb vor allem, die früheren KundInnen wieder auf den öV zu holen. Was die Verkehrsbetriebe unternehmen für die Kundenrückgewinnung, was ihr Fundament und was ihr Überbau ist, das beschrieb Unternehmensleiter Cyrill Weber in seiner Präsentation.
Wir bedanken uns bei unseren Mitgliedern für den spannenden Einblick in ihre Ideen zur Weiterentwicklung des öV.