18. 06. 2021
18. 06. 2021
Live-Event vom 17. Juni 2021 "Zukunft Personenverkehr: was sind die Perspektiven für den öffentlichen Verkehr?"
Der öffentliche Verkehr leidet aktuell stark unter der Corona-Pandemie. Bis sich die Situation normalisiert, wird es sicher eine Weile dauern. Unabhängig davon gilt es jetzt, die Weichen für die Mobilität der Zukunft zu stellen. Die Verkehrsträger müssen emissionsfrei werden, damit die Klimaziele erreicht werden. Zugleich drohen bei einer weiteren absehbaren Zunahme des Verkehrs Engpässe auf Strasse und Schiene. Damit unter Berücksichtigung des Netto-Null-Ziels eine flächendeckende, qualitativ hochstehende Mobilität für alle Bevölkerungsgruppen garantiert werden kann, sind eine weitere Attraktivitätssteigerung des öV und eine Erhöhung des Anteils des öV am Gesamtverkehr zwingend.
An unserem Live-Event vom 17. Juni haben wir die Zukunft des öffentlichen Personenverkehr und die Perspektiven für den öffentlichen Verkehr bis ins Jahr 2050 mit vier angesehenen Persönlichkeiten diskutiert.
Anna Barbara Remund (Vizedirektorin BAV) hat einen Einblick in das laufende Projekt "Bahn 2050" beim Bundesamt für Verkehr gegeben. Gemäss den Vorgaben aus den verschiedenen Strategien des Bundesrats wird in diesem Projekt unter anderem die Frage untersucht, wie die Bahn ihren Anteil am Gesamtverkehr bis 2050 deutlich steigern könnte. Die Hebel für Verlagerungen im Personenverkehr werden untersucht und Massnahmen definiert. Hier werden auch radikale Gedankenspiele gemacht, um neue Perspektiven in ein Thema zu bringen, das nicht einfach zu durchschauen ist und das auch für viele Kontroversen sorgt, besonders wenn Massnahmen kurzfristig umgesetzt werden. In der Langfristperspektive sind aber Gedankenexperimente möglich.
Braucht es nach Corona nun Änderungen bei der langfristigen Planung von Angebot und Infrastruktur? Welche sind dies? Mit wichtigen Branchenvertretern wurden diese Fragen zur Langfristperspektive in einer Podiumsdiskussion vertieft: Vincent Ducrot (CEO SBB), Renato Fasciati (Präsident VöV) und Laurent Favre (Präsident KöV) standen Red und Antwort. Vincent Ducrot sagte, die Folgen von Corona wögen derzeit noch schwer. Wir seien noch weit von einer normalen Situation entfernt. Dennoch sei das Glas für den öV halb voll. Man glaube aber ganz stark an die Vorteile einer nachhaltigen Mobilität. Man überlege sich, wie man auf Trends besser eingehen könne, wie zum Beispiel die Entwicklung zu mehr Home Office. Die Steuerung der Auslastung sei hier ein wesentliches Element. Bisher waren Spezialangebote wie 9-Uhr-Tageskarten kaum gefragt. Er sei gespannt, ob nun der Pendlerverkehr sich wie vor der Krise entwickeln wird oder ob sich flexible Arbeitsformen durchsetzen werden.
Der öffentliche Verkehr sei Teil der Lösung, betonte Renato Fasciati. Die Makrotrends, wie etwa die Klimabewegung und der Wille, nachhaltig unterwegs zu sein, würden helfen. Ausserdem verspürten die Leute wieder eine grosse Lust, sich zu bewegen, ins Büro zu gehen, in der Freizeit etwas zu unternehmen. Er glaube an das grosse Potenzial des öffentlichen Verkehrs, zumindest im Bereich des Freizeitverkehrs. Neue Ideen seien bei der Planung sehr willkommen. Fahrzeitverkürzungen, zusätzliche Knoten, eine bessere Abstimmung mit der Raumplanung seien hier Stichworte. So könne darauf hingewirkt werden, dass der öV-Anteil steigt.
Die Fundamente des öffentlichen Verkehrs seien noch immer stark, das Vertrauen gross - die Coronapandemie habe daran nichts geändert, unterstrich Laurent Favre. Es brauche aber Anstrengungen, von Seiten der Transportunternehmen und der Politik, damit der öffentliche Verkehr an Bedeutung gewinne. Die Branche, die Besteller und Eigner müssten nun zu einem neuen "Courant normal" finden. Er sei dankbar, dass das BAV sich Überlegungen zur Langfristisperspektive mache und die Kantone mit dem Bund zusammenarbeiten könne, um den öV-Anteil substantiell zu steigern.
Wir bedanken uns bei unseren Gästen und Mitgliedern für die Unterstützung und die Inputs an unserem Live-Event. Wir hoffen, unsere Mitglieder am 30. September wieder persönlich begrüssen zu dürfen. Dann findet die LITRA-Mitgliederversammlung statt.
Hier finden Sie einige Impressionen unserer hybriden Sessionsveranstaltung.