17. 06. 2025
17. 06. 2025
Gastbeitrag: Im Takt der Grossanlässe – Wie die SBB den Event-Sommer 2025 bewegt
2025 ist ein Jahr der Superlative für den öffentlichen Verkehr im Allgemeinen und für die SBB im Besonderen. Zahlreiche internationale und nationale Grossveranstaltungen wie der Eurovision Song Contest oder die UEFA Women’s EURO 2025 stellen hohe Anforderungen an die Logistik und Organisation der Transportunternehmen. Aber was bedeuten solche Grossanlässe für die SBB und was braucht es alles, damit Besucherinnen und Besucher komfortabel, nachhaltige und unkompliziert zu den Veranstaltungen reisen können? Der Gastbeitrag von Véronique Stephan, Leiterin Markt Personenverkehr bei der SBB, gibt einen Blick hinter die Kulissen.

Auch Maskottchen «Maddli» reist gemütlich im Intercity der SBB an die UEFA Women’s EURO 2025 – ganz im Zeichen nachhaltiger Eventmobilität. © SBB CFF FFS
Von Véronique Stephan, Leiterin Markt Personenverkehr bei der SBB
Das Jahr 2025 bringt für den öffentlichen Verkehr in der Schweiz eine Vielzahl grosser Herausforderungen mit sich. Mehr als 1’400 Veranstaltungen, darunter der Eurovision Song Contest in Basel (im Mai), das Eidgenössische Turnfest in Lausanne (im Juni) oder die UEFA Women’s EURO 2025 (im Juli), erfordern logistische Höchstleistungen.
Besonders die SBB als nationales Bahnunternehmen spielt dabei eine zentrale Rolle bei der Gewährleistung der Mobilität von mehreren hunderttausend Besucherinnen und Besuchern.
Sonderfahrplan im Ausnahmezustand: Wie ein spezialisiertes Team den Eventverkehr auf Kurs hält
Die Organisation von Veranstaltungen dieser Grössenordnung erfordert detaillierte Transportkonzepte, die weit über den regulären Fahrplanbetrieb hinausgehen. Für das Jahr 2025 werden bei der SBB über 1’600 Extrazüge sowie rund 2’000 Einsätze von Kundenbetreuerinnen und -betreuern eingeplant.
Koordiniert wird dieser Sonderbetrieb von einem spezialisierten Eventmanagement-Team innerhalb der SBB, das sowohl intern als auch mit externen Partnern eng zusammenarbeitet. Das Team sorgt durch Fachwissen und vor allem die oftmals langjährige Erfahrung der Mitarbeitenden für eine detaillierte Planung und eine reibungslose Koordination, und arbeitet in der Umsetzung eng mit den Veranstaltern aber auch mit anderen Transportunternehmen zusammen.

Kundenbetreuerinnen und -betreuer der SBB sorgen bei Grossanlässen für Orientierung am Bahnsteig, beantworten Fragen und unterstützen die Reisenden beim Einstieg. © SBB CFF FFS
Taktgeber im Hintergrund: Wie SBB und Partner gemeinsam Eventmobilität ermöglichen
Dabei ist auch ein vernetzter Ansatz entscheidend: So müssen bei der Planung eines Extrazugs auch andere Transportunternehmen einbezogen werden, um Anschlussverbindungen sicherzustellen. Nur durch solche abgestimmten Konzepte lässt sich eine durchgehende, nachhaltige An- und Abreise gewährleisten.
Als Beispiel: Wenn die SBB einen Extrazug nach Chur einsetzt, müssen auch PostAuto und die RhB informiert werden, damit sie ihr Angebot entsprechend anpassen können. Auf diese Weise gewährleisten die verschiedenen Transportunternehmen, dass die Besucherinnen und Besucher komfortabel und nachhaltig zu den Events und wieder nach Hause gelangen.
Die Federführung bei den diesjährigen Top-Events wie dem Eurovision Song Contest, der UEFA Women’s EURO 2025 und dem Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest liegt bei der SBB selbst. Diese arbeitet wiederum eng mit den jeweiligen Veranstaltern zusammen. Bei regionalen und nationalen Anlässen kommt zudem häufig die Tochtergesellschaft RailAway zum Einsatz, die kombinierte Angebote entwickelt – etwa durch integrierte Tickets für den öffentlichen Verkehr und Veranstaltungen.
Zusätzlich übernimmt RailAway die Vermarktung der Angebote in Zusammenarbeit mit den Veranstaltern und koordiniert die Mobilitätskonzepte zusammen mit der SBB und anderen Transportpartnern. Dieses koordinierte Vorgehen hat zudem den Vorteil, dass RailAway auch wichtige Informationen über Ticketverkäufe und geplante Eventzeiten liefern kann, die wiederum die Grundlage für die Planung von Extrazügen bei der SBB bilden.
Mit dem Schwing-Billett zum Fest: Wie Ticketlösungen den öV zum Eventmittelpunkt machen
Ein zentrales Instrument zur Steuerung der Anreise ist das Angebot spezieller öV-Tickets. Für die UEFA Women’s EURO 2025 beispielsweise ist die Nutzung des öffentlichen Verkehrs für die rund 700'000 Zuschauerinnen und Zuschauer mit ihrem Matchticket in der gesamten Schweiz kostenlos. Auch für das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest im Glarnerland wird mit dem sogenannten «Schwing-Billett» ab 49 Franken ein vergünstigtes Angebot lanciert. Und die Besucherinnen und Besucher des Eurovision Song Contests profitierten mit ihrem Ticket von einem Rabatt von 20 Franken auf öV-Fahrten.
Damit reagieren Veranstalter und Verkehrsunternehmen auch auf infrastrukturelle Einschränkungen vor Ort – insbesondere das beschränkte Parkplatzangebot und die Notwendigkeit einer sicheren Verkehrsführung. Zudem sollen so möglichst viele Menschen für die Anreise mit dem öffentlichen Verkehr begeistert werden.

Mit dem «Schwing-Billett» reisen Besucherinnen und Besucher des Eidgenössischen Schwing- und Älplerfests 2025 für 49 Franken (mit Halbtax) bequem mit dem öffentlichen Verkehr nach Näfels-Mollis oder Weesen und wieder zurück. © SBB CFF FFS
Baustelle trifft grosse Bühne: Wie der Bahnverkehr zwischen Sperrungen und Shows balanciert
Neben dem dichten Eventkalender stellen auch umfangreiche Bauarbeiten den Bahnbetrieb auf die Probe. Besonders die Totalsperrung zwischen Freiburg und Bern (27. Juni – 25. August 2025) erfordert langfristige Planung und flexible Konzepte. Besonders anspruchsvoll sind relativ kurzfristig angesetzte Veranstaltungen wie der Eurovision Song Contest, denn für Events dieser Grösse beträgt die Planungszeit normalerweise zwei bis drei Jahre – im Falle des Eurovision Song Contest wurde erst im August vergangenen Jahres bekannt, wo er stattfindet.
Organisatorische Flexibilität ist auch bei kurzfristigen Planänderungen bei den Veranstaltungen gefragt, oder wenn beispielsweise Fussballspiele in die Verlängerung gehen. Dann versucht die SBB, die Abfahrtszeit der Extrazüge entsprechend anzupassen.
Für bestimmte Veranstaltungen sind darüber hinaus bauliche Anpassungen erforderlich. Im Glarnerland werden im Rahmen des Eidgenössischen Schwing- und Älplerfests beispielsweise die Perrons der Bahnhöfe Näfels-Mollis und Weesen temporär ausgebaut. Der Bahnhof Weesen wird für das Veranstaltungswochenende sogar reaktiviert. Ziel ist es, möglichst viele der rund 350’000 erwarteten Besucherinnen und Besucher per Bahn zu transportieren – allein dafür sind rund 500 zusätzliche Züge eingeplant.

Nach dem Ende der Veranstaltungen stehen die Extrazüge der SBB bereit, um tausende Besucherinnen und Besucher sicher nach Hause zu bringen. © SBB CFF FFS
Teamarbeit im Takt: Wie tausende Mitarbeitende die Eventmobilität ermöglichen
Der reibungslose Ablauf der Eventmobilität im Jahr 2025 wäre ohne den ausserordentlichen Einsatz der Mitarbeitenden nicht möglich. Lokführerinnen und Lokführer, Kundenbetreuerinnen und -betreuer, Reinigungskräfte sowie zahlreiche weitere Fachkräfte leisten während dieser Zeit Sondereinsätze, oft über das übliche Mass hinaus.
Neben dem sichtbaren Einsatz an Bahnhöfen und in den Zügen tragen auch Mitarbeitende in Planung, Technik, Disposition und Kommunikation wesentlich dazu bei, dass der öffentliche Verkehr auch unter hoher Belastung zuverlässig funktioniert.
Die Bewältigung eines dichten Eventkalenders in Kombination mit infrastrukturellen Herausforderungen erfordert ein hohes Mass an Koordination, Fachwissen und Engagement. Für die SBB ist das Jahr 2025 nicht nur ein logistischer Stresstest, sondern auch eine Gelegenheit, die Leistungsfähigkeit eines komplexen Mobilitätssystems und die zentrale Rolle der Mitarbeitenden unter Beweis zu stellen.

© SBB CFF FFS
Véronique Stephan leitet seit 1. Mai 2021 die Division Markt Personenverkehr der SBB und ist Mitglied der Konzernleitung. Sie ist Mitglied des Strategierats der Alliance Swiss Pass und Vorstandsmitglied von Schweiz Tourismus, der Schweizerischen Gesellschaft für Marketing gfm und von Equality4Tourism.
Zuvor war sie in internationalen Unternehmen in den Bereichen Marketing, Sales und Business Development tätig. Ihre Laufbahn hat sie als Beraterin bei McKinsey begonnen. Véronique Stephan hat Betriebswirtschaft an der Universität St. Gallen und Rechtswissenschaften an der Universität Genf studiert und lebt in Bern.