23. 07. 2024
23. 07. 2024
Gastbeitrag: Hyperloop – Traum, Fantasie oder bald Wirklichkeit?
Die Hyperloop-Technologie gewinnt durch Studentenprojekte, Start-ups und Innovationszentren an Aufmerksamkeit. Aber welche Rolle könnte der Hyperloop in der Zukunft unserer Verkehrslandschaft spielen? Am 20. und 21. Juli fand in Zürich die European Hyperloop Week statt – die grösste europäische Hyperloop-Konferenz. Mit dabei auch das Schweizer Swissloop-Team.
Von Thomas Baptistal, Verantwortlicher European Hyperloop Week bei Swissloop
Im vergangenen Februar hat die SBB weitere Giruno-Züge für ihre EuroCity-Flotte bestellt. Der Giruno SBB RABe 501 von Stadler Rail erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 250 Stundenkilometer und ist damit der derzeit schnellste Zug im Besitz der SBB. Auf dem nationalen Schienennetz gilt jedoch ein globales Limit von 200 Stundenkilometer für den normalen Personenverkehr. Darüber hinaus wird diese Grenze aufgrund der Kurven und der begrenzten geraden Strecken im Schienennetz in der Regel nie erreicht.
Im benachbarten Frankreich wird die SNCF im Jahr 2025 den neuen TGV M von Alstom in Betrieb nehmen. Auf den ersten Blick mag es seltsam erscheinen, dass er nicht schneller sein wird als seine 320 Stundenkilometer schnellen Vorgänger. Stattdessen überzeugt der TGV M mit einer höheren Effizienz, sodass er «20 Prozent weniger Energie als das derzeitige Modell» verbraucht. So würden die Betriebskosten gesenkt und der CO2-Fussabdruck im Vergleich zu seinen Vorgängern verringert werden. Jean-Marc Jancovici, Energie- und Klimaexperte, stellte in Bezug auf die heutigen Verkehrsträger fest, dass «das Flugzeug mit Öl geboren wurde und mit ihm sterben wird.» Biokraftstoffe, Elektrizität und Wasserstoff könnten dazu beitragen, derzeitige Treibstoffe in Flugzeugen zu ersetzen, aber seiner Meinung nach werden sie nicht ausreichen, um ihren Einsatz so weiterzuführen, wie wir es heute kennen.
In einer Welt, in der Geschwindigkeit, Effizienz, geringere Betriebskosten und vor allem Nachhaltigkeit immer wichtiger werden, ist es nicht verwunderlich, dass die Menschen nach neuen Wegen suchen, um von A nach B zu kommen.
Ist die Hyperloop-Technologie die Lösung?
Die Technologie Hyperloop basiert auf zwei Hauptkonzepten: Magnetische Levitation und eine Röhre mit nahezu Vakuum. Ihre Kombination minimiert die Reibung, wodurch die Effizienz maximiert, und die Geschwindigkeit erhöht wird. Das Transportfahrzeug wird im Hyperloop-Jargon als Pod bezeichnet. Die Idee des Reisens ohne Bodenkontakt ist bereits Realität. Die Magnetschwebebahn MagLev wird durch magnetische Abstossung und Anziehung in der Luft gehalten, entlang der Strecke geführt und durch diese Kräfte angetrieben. Dieses Prinzip der elektromagnetischen Levitation wird auch von Unternehmen und Universitätsgruppen erforscht, die sich mit der Hyperloop-Technologie beschäftigen, und die ihre eigenen Levitation- und Stabilisierungssysteme entwickelt haben. Es gibt bereits verschiedene Ansätze für lineare Elektromotoren, die sich rein durch magnetische Kräfte ohne Bodenkontakt bewegen können.
Das zweite Konzept der Röhre ist bislang abstrakter. Obwohl wir in der Vergangenheit Röhre in grossem Massstab genutzt haben, zum Beispiel im pneumatischen Rohrpostnetzwerk in New York Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Idee ist, die Luftmenge im Raum des Rohres zu reduzieren, um die Hauptbremse für jedes terrestrische Transportmittel, die Reibung mit der Luft, zu minimieren. Das Rohr ist ein Weg, um diese Niederdruckumgebung zu erreichen, aber es wäre auch möglich, dass der Pod durch einen Tunnel mit einer speziellen luftdichten Beschichtung reist.
Als sehr schnelle Transportmethode könnte der Hyperloop einen Wettbewerbsvorteil gegenüber kontinentalen oder regionalen Flugzeugen bieten. Er könnte schnelle Verbindungen zwischen grossen Städten ermöglichen und gleichzeitig die CO2-Emissionen geringhalten.
Wo liegen die Herausforderungen?
Die anfänglichen Installationskosten bleiben hoch. Hyperloop-Pods wären mindestens so teuer wie Züge. Zudem würde die Infrastruktur für Kapseln und Vakuumpumpen das System zu Beginn deutlich teurer machen. Die Hyperloop-Technologie ist noch unreif und benötigt mehr Investitionen, um die Lernkurve zu überwinden.
In der Theorie könnte der Hyperloop jedoch nachhaltiger und schneller sein als heutige Flugzeuge, was ihn zu einer guten Ergänzung für die Luftfahrtindustrie machen würde. In Europa kann der Hyperloop aber nicht länderspezifisch sein und muss auf kontinentaler Ebene angepasst werden – was eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit erfordert.
Kommt der Hyperloop in die Schweiz?
Die Hyperloop-Entwicklung findet bereits in der Schweiz statt. Die EuroTube-Stiftung, die Studentenvereinigungen Swissloop und Swissloop Tunneling der ETH Zürich sowie das EPFL-Spin-off Swisspod arbeiten bereits daran, den Hyperloop Wirklichkeit werden zu lassen. Die fortschrittliche Technologie könnte Innovationen in die aktuellen öffentlichen Verkehrssysteme bringen, Züge effizienter und zuverlässiger machen. Sie könnte auch dem Bussektor helfen, da die Hyperloop-Forschung zu Batterien und Superkondensatoren, neue Ideen und Nutzungsmöglichkeiten bringen würde.
Es könnte auch zu einem besseren Verständnis des Passagierkomforts in allen aktuellen Transportmitteln führen. In einem Hyperloop-Ökosystem ist der Pod von der Umgebung isoliert und die Innentemperatur, Luftfeuchtigkeit und der CO2-Gehalt müssen sorgfältig verwaltet werden, um den bestmöglichen Komfort für die Passagiere zu bieten. Hyperloop könnte auch das Thermomanagement an Bord der aktuellen Systeme revolutionieren, indem die durch Umrichter und andere Komponenten erzeugte Wärme genutzt wird, um den Passagierraum zu heizen oder die Wärmeströme zu managen, um ihn abzukühlen, wenn es draussen zu heiss ist.
Der Hyperloop würde die aktuellen Schweizer Systeme nicht ersetzen. Er würde bessere und schnellere Verbindungen zwischen den wichtigsten Schweizer Städten und anderen europäischen Städten schaffen. Hyperloop-Knotenpunkte würden entstehen und die Schweiz, mit ihrer zentralen Lage in der europäischen Geografie, würde die wichtigsten davon beherbergen.
Thomas Baptistal: Mit einem Bachelor of Science in Elektrotechnik und Elektronik von der EPFL kam er vor zwei Jahren an die ETH Zürich als Master-Student in Energy Science and Technology (MEST) und übernahm gleichzeitig bei Swissloop die Verantwortung für die European Hyperloop Week. Zudem arbeitet er Teilzeit bei Alstom.