04. 06. 2024

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04. 06. 2024

Gastbeitrag: Basel übernimmt Pionierrolle auf dem Weg zum klimaneutralen öV

Die Basler Verkehrs-Betriebe (BVB) werden ihre gesamte Busflotte bis 2027 auf E-Busse umstellen. Dies erfordert nicht nur die Beschaffung von 126 E-Bussen, sondern auch den Aufbau einer umfangreichen Ladeinfrastruktur, den Neubau der Garage Rank und nicht zuletzt auch die Anpassung zahlreicher Betriebsprozesse.

Ein E-Doppelgelenkbus der Firma HESS beim Wenden am Bahnhof SBB. © Basler Verkehrsbetriebe

Von Bruno Stehrenberger, Direktor Basler Verkehrs-Betriebe

Die BVB befinden sich inmitten einer grossen Technologietransformation: Bis 2027 soll unsere gesamte Busflotte, die bis 2022 mit Gas- und Dieselbussen betrieben wurde, ausschliesslich aus E-Bussen bestehen. Damit setzen wir auch einen gesetzlichen Auftrag um, demzufolge der gesamte öV im Kanton Basel-Stadt bis 2027 mit 100 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden muss. Die entsprechende Gesetzesänderung ist 2015 in Kraft getreten. Seither treiben wir die Umstellung auf Elektromobilität mit voller Kraft voran.

Beschaffung von 126 E-Bussen in zwei Etappen

Mittlerweile ist bereits die Hälfte unserer Busflotte elektrifiziert: In einer ersten Beschaffungsetappe wurden 2022/2023 insgesamt 65 E-Busse in drei verschiedenen Gefässgrössen beschafft und bis Ende 2023 in Betrieb genommen. Weitere 61 E-Busse sollen im Jahr 2027 beschafft werden.

Erstmals in unserer Geschichte haben wir 2022 auch E-Doppelgelenkbusse beschafft. Die acht fast 25 Meter langen Busse des Schweizer Herstellers HESS fahren seit Januar 2023 auf der Linie 50 zwischen dem Bahnhof SBB und dem EuroAirport. Weiter wurden 19 E-Normalbusse des Typs eCitaro von Daimler sowie 38 E-Gelenkbusse, ebenfalls von Daimler, in unsere Flotte aufgenommen.

Kombination von Depot- und Gelegenheitsladung

Neben der Beschaffung der Busse musste bzw. muss die nötige Ladeinfrastruktur gebaut werden: Wir setzen grundsätzlich auf Depotladung, ergänzen diese aber bis 2027 mit voraussichtlich fünf Gelegenheitsladestationen an Endhaltestellen von langen Linien. 2022/2023 wurden bereits zwei Gelegenheitsladestationen in Betrieb genommen: Bei der Haltestelle EuroAirport Verwaltung können gleichzeitig zwei E-Doppelgelenkbusse während dem Endaufenthalt mit bis zu 600 Kilowatt Energie nachladen, an der Haltestelle Kleinhüningen stehen zwei Ladepunkte mit 300 Kilowatt Leistung für die E-Gelenkbusse der Linie 36 bereit. Die voraussichtlich drei weiteren Gelegenheitsladestationen werden im Hinblick auf die Beschaffungsetappe 2027 umgesetzt.

Zwei eCitaro-Gelenkbusse laden an der Gelegenheitsladestation an der Haltestelle Kleinhüningen Energie nach. © Basler Verkehrsbetriebe

Garage muss neu gebaut werden

Bisher wurde unsere gesamte Busflotte in unserem Service-Zentrum Bus, der Garage Rank, abgestellt und instandgehalten. Sie stammt aus den 1950er-Jahren und wurde in den 1970ern erweitert. Sie bietet schon seit Jahren nicht mehr genügend Platz für alle Busse, müsste erdbebenertüchtigt werden und kann nicht mit der nötigen Ladeinfrastruktur ausgerüstet werden. Darum wird die Garage vollständig neu gebaut. Die entsprechenden Rückbauarbeiten der bestehenden Garage beginnen im Juni 2024, die Bauarbeiten für den Neubau sollen 2025 beginnen.

Der Neubau bietet auf insgesamt vier oberirdischen Etagen Platz für 144 E-Busse, die Werkstatt für die Instandhaltung der Fahrzeuge, Büroräumlichkeiten und Sozialräume, die Ladeinfrastruktur sowie – im Untergeschoss – auch Parkplätze für Privat-PKWs. Er wird eine der europaweit grössten Indoor-Ladeanlagen für E-Busse werden. Der Neubau wird kompakter gebaut als die bestehende Garage, womit wir dem Kanton Basel-Stadt rund 3000 Quadratmeter Fläche für die Entwicklung von Wohnraum übergeben konnten. Zudem können wir die versiegelte Fläche deutlich verringern.

Nachhaltigkeit geniesst hohen Stellenwert

Ein grosses Augenmerk legen wir beim Neubau auf Nachhaltigkeitsaspekte: So werden beispielsweise gewisse Bauteile aus der bestehenden Garage Rank in den Neubau (sowie in Bauprojekte des Kantons Basel-Stadt) übernommen («ReUse»). Ausserdem wird das Dach einerseits intensiv begrünt, andererseits wird darauf aber auch eine Photovoltaikanlage installiert. Diese kann voraussichtlich rund fünf Prozent des gesamten Energieverbrauchs produzieren. Um diese Energie zwischenzuspeichern, bevor sie – vorwiegend in der Nacht – dann in die E-Busse geleitet wird, werden Busbatterien, die für den Einsatz in den E-Bussen nicht mehr geeignet sind, im Keller eingebaut und als Speicher genutzt.

Auslagerung der gesamten Busflotte auf zwei Provisorien

Bevor mit dem Rückbau der bestehenden Garage Rank begonnen werden kann, musste die gesamte Busflotte ausgelagert werden. Sie wird auf zwei Provisorien abgestellt: In einem Provisorium in einer ehemaligen Messehalle werden 38 E-Gelenkbusse abgestellt und geladen. Auf einem zweiten Provisorium werden die acht E-Doppelgelenkbusse, die 19 E-Normalbusse sowie die noch verbleibenden rund 60 Dieselbusse abgestellt und geladen. Entsprechend musste auf beiden Provisorien die nötige Ladeinfrastruktur bereitgestellt werden. Dafür arbeiten wir – wie auch für den Neubau der Garage Rank – mit der Basler Energieversorgerin IWB zusammen.

Neben der Ladeinfrastruktur wurden auf einem Provisorium provisorisch eine Tankstelle, eine Waschanlage, eine Dienststelle sowie eine Werkstatthalle für den Busunterhalt aufgebaut. Viele Bauteile, die auf den Provisorien verbaut wurden, werden später in den Neubau der Garage Rank übernommen.

Blick in das Provisorium in einer ehemaligen Messehalle, in der seit Oktober 38 E-Gelenkbusse abgestellt und geladen werden. © Basler Verkehrsbetriebe

Umstellung hat bisher gut funktioniert

Die Inbetriebnahme der ersten 65 E-Busse hat, abgesehen von kleineren Kinderkrankheiten, insgesamt gut funktioniert. Der E-Antrieb bewährt sich im Stadtverkehr sehr gut, und sowohl das Fahrpersonal als auch die überwiegende Mehrheit der Fahrgäste sind zufrieden mit den neuen Fahrzeugen. Eine grosse Herausforderung war bzw. ist immer noch die Integration der diversen IT-Systeme (Ladeinfrastruktur, E-Busse, Leitstelle etc.), die sich als komplexer herausgestellt hat als ursprünglich gedacht. Auch mussten zahlreiche Prozesse, von der Leitstelle über die Fahrzeugdisposition bis hin zum Instandhaltungsmanagement, angepasst oder gänzlich neu aufgesetzt werden.

Trotzdem: Schon bald nach der Inbetriebnahme hatten wir einen stabilen Betrieb erreicht und konnten 52 alte Gas- und Dieselbusse ausflotten. Damit hat sich unser CO2-Ausstoss bereits stark verringert, und bis 2027 werden wir jährlich – inklusive der Herstellung der E-Busse – über 10'000 Tonnen weniger CO2 ausstossen als vor der Umstellung. Damit leisten wir einen gewichtigen Beitrag zum Klimaschutz und tragen gleichzeitig auch zur Reduzierung des Verkehrslärms in Basel und Umgebung bei.

Finanzierung der gesamten Systemumstellung

Das alles ist nur möglich dank der Finanzierung der gesamten Systemumstellung, die der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt im Dezember 2020 mit grosser Mehrheit bewilligt hat: Insgesamt rund 308 Millionen Franken für die Beschaffung der E-Busse und den Neubau der Garage Rank, inklusive der beiden Provisorien, sowie 52 Millionen Franken für die Bereitstellung der Ladeinfrastruktur durch IWB. Dank dem verzinslichen und rückzahlbaren Darlehen können wir schweizweit eine Pionierrolle einnehmen und als erste grosse Schweizer Stadt ab 2027 den gesamten öV mit 100 Prozent erneuerbarer Energiebetreiben.


© Basler Verkehrs-Betriebe

Bruno Stehrenberger, Diplom-Produktionsleiter ZFU, fungiert seit 2019 als Direktor und CEO der Basler Verkehrs-Betriebe. Seine Verantwortlichkeiten umfassen die Gesamtleitung der BVB mit den Bereichen Verkehr, Technik, Infrastruktur, Finanzen, Personal und Unternehmensstab. Mit einem Team von 1300 Mitarbeitenden und einem Budget von MCHF 250 trägt er die Verantwortung für die hochwertige, sichere und kostengünstige Erschliessung der trinationalen Region Basel durch den öffentlichen Verkehr.

Auch verantwortet er die Transformation des Unternehmens von einem reinen Bahn- und Busbetreiber zu einem umfassenden Mobilitätsanbieter und treibt die Elektrifizierung der Busflotte sowie die Erneuerung der Infrastruktur voran. Zuvor war Bruno Stehrenberger in verschiedenen Führungs- und Geschäftsleitungspositionen bei der BVB, bei SBB Personenverkehr, SBB Cargo und SBB Infrastruktur tätig. Darüber hinaus ist er seit 2019 Vorstandsmitglied des Tarifverbunds Nordwestschweiz sowie Verwaltungsratspräsident der Moving Media AG.