19. 03. 2021
19. 03. 2021
«Ein Jahr Corona - wie geht es mit dem öffentlichen Verkehr weiter?»
Seit einem Jahr dominiert die Corona-Pandemie unseren Alltag. Und unser Mobilitätsverhalten. Die Einschränkungen haben grosse Auswirkungen auf unsere Fortbewegung - darunter leider der öffentliche Verkehr ganz besonders. Wie geht es den Unternehmen im öffentlichen Verkehr und der mit ihnen verbundenen Bahnindustrie? Welche Perspektiven gibt es derzeit? Das haben wir unsere Mitglieder an unserem Live-Event gefragt. Dieser fand als Ersatz zur eigentlich geplanten Sessionsveranstaltung statt.
Zu Beginn des Events wies LITRA-Präsident Martin Candinas auf die immer noch belastende Situation für den öffentlichen Verkehrs hin. Im vergangenen Jahr verzeichnete der öffentliche Verkehr einen deutlichen Rückgang der Fahrgastzahlen für das gleiche Angebot, im Flugverkehr waren die Einbussen noch dramatischer. Seit dem Ausbruch der Pandemie haben die Mitarbeitenden des öffentlichen Verkehrs einen grossen Einsatz geleistet. Krisenresistent und zuverlässig - das ist der öffentliche Verkehr in der Schweiz. Dieses große Engagement muss anerkannt werden.
Eine Umfrage unter den LITRA-Mitgliedern zeigt: Die aktuellen Einbussen sind kein Dauerzustand. Allerdings erwarten nur sehr wenige, dass der öffentliche Verkehr vor 2024 wieder das Vorkrisenniveau erreicht. Die aktuell schwierige Situation stelle den Erfolg des öV-Modells keineswegs in Frage, betonte Martin Candinas. Ein zuverlässiger Service ist die Voraussetzung dafür, dass die Menschen so schnell wie möglich wieder zum öV zurückkehren.
Beim grössten öV-Unternehmen der Schweiz, der SBB, haben 12 Monate Corona tiefe Spuren hinterlassen. Um 40 Prozent ist die Nachfrage im vergangenen Jahr gegenüber 2019 gesunken. Viele Pendler*innen arbeiteten im Homeoffice, aber auch Freizeitreisende aus der Schweiz und dem Ausland waren deutlich weniger unterwegs. Gleichzeitig habe man das Angebot über weite Strecken aufrechterhalten. Von den grossen Vorzügen des öV ist Vincent Ducrot, CEO der SBB, aber trotz Krise überzeugt.
Einzig der Schienengüterverkehr sei im vergangenen Jahr von der Krise verschont geblieben.
Auch bei PostAuto hat sich die Krise stark bemerkbar gemacht. Die Passagierzahl ging um 24% zurück, es resultierte ein Verlust von 79 Millionen Franken. Der Arbeitsaufwand hat sich im Gegenzug stark erhöht. Denn PostAuto war als Systemführer für den Busverkehr stark gefordert mit der Anpassung von Fahrplänen und der Festsetzung von Regeln. Die Politik sei weiter gefordert, sagt Christian Plüss, CEO von PostAuto.
Am stärksten betroffen im Mobilitätssektor ist der Flugverkehr. Die Nachfrage ist 2020 um rund drei Viertel eingebrochen. Die Folge: Für 2020 resultierte ein happiger Verlust von 654 Millionen Franken, der erste Verlust der letzten 15 Jahre. Schon 2020 wurden 500 Stellen abgebaut. Mindestens so viele dürften bis Ende 2021 abgebaut werden. Der neue CEO der Swiss, Dieter Vranckx, hat drei sehr turbulente erste Monate erlebt. Und nach 12 Monaten mit massiven Einbussen plant die Swiss nur vorsichtige Kapazitätserhöhungen.
Jörg Beckmann analysiert als Leiter der Moblitätsakademie des TCS Veränderungen und Trends im Schweizer Mobilitätssektor sehr genau. Nach einem Jahr Corona - wie hat sich das Mobilitätsverhalten in der Schweiz verändert? Er sagt, Corona biete auch die Chance auf eine disruptive Veränderung im Verkehrssektor, hin zu einem ökologischen Strukturwandel. Diese müsse man nun nutzen.
Wir bedanken uns bei unseren Gästen für Ihre Bereitschaft, sich unseren Fragen zu stellen und so zu einer lebhaften Diskussion zur Bedeutung des öV während und nach der Corona-Pandemie beizutragen. Ebenfalls bedanken möchten wir uns bei unseren Mitgliedern und Partnerorganisationen: Sie haben uns Ihre Videobotschaft zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Ihr Unternehmen geschickt und Ihre Hoffnungen und Wünsche formuliert. Diese Videobotschaften publizieren wir in den kommenden Tagen auf unseren Social Media-Kanälen.