09. 12. 2020
09. 12. 2020
Die Vollendung der NEAT und neue Kooperationsformen prägen den Fahrplanwechsel 2020/2021
Am Sonntag, dem 13. Dezember 2020, schlägt für den öffentlichen Verkehr im Tessin die grosse Stunde: Der Ceneri-Basistunnel geht in Betrieb und der Regional- und Ortsverkehr wird stark ausgebaut. Auch in der übrigen Schweiz wird der öV weiter gestärkt. Was sich alles ändert, hat Bruno Fischer in seinem Blogbeitrag zusammengefasst.
Mit der Vollendung der NEAT und der Inbetriebnahme des Ceneri-Basistunnels gibt es in der Schweiz im Fern- wie auch Regionalverkehr grosse Änderungen. Dadurch sinkt mit dem neuen Fahrplan die Fahrzeit von Zürich nach Lugano auf unter zwei Stunden. Auch die Fahrzeit von Zürich nach Mailand verkürzt sich auf 3h17min. Gegenüber dem aktuellen Fahrplan mit der Sperrung der Strecke am Ostufer des Zugersees verkürzt sich die Fahrzeit um rund 20 Minuten. Zwischen Zürich und Mailand verkehren täglich 10 direkte Züge, ab Basel gibt es 5 Direktzüge nach Mailand, gefahren wird vorwiegend mit den neuen Giruno-Zügen des Herstellers Stadler Rail.
Mit dem Treno Gottardo nach Locarno
Mit dem Fahrplanwechsel tritt zudem die Kooperation zwischen der SBB und der Südostbahn in Kraft. Unter der integralen Fernverkehrskonzession der SBB fährt die SOB alternierend stündlich ab Zürich und Basel über die Gotthardbergstrecke nach Locarno. Aufgrund der Auswirkungen der Corona-Krise erfolgt die vollständige Umsetzung bis nach Locarno voraussichtlich erst ab 5. April 2021. Bis dahin verkehrt die SOB lediglich zwischen Zürich bzw. Basel bis nach Bellinzona. Ebenfalls coronabedingt wird das Tessin erst ab 23. April 2021 zur integralen S-Bahn, hauptsächlich im Halbstundentakt. Der grösste Effekt hat der Ceneri-Basistunnel auf die Relation Locarno – Lugano, mit der S80 neu in 34 Minuten zu erreichen (heute beträgt die Fahrzeit zwischen Lugano und Locarno rund 1 Stunde).
München und die Ostschweiz rücken näher zusammen
Im internationalen Personenverkehr wird das Angebot zwischen Zürich und München mit neu 6 Zügen deutlich ausgebaut. Dank der Elektrifizierung der Allgäubahn und der Inbetriebnahme des neuen Bahnhofs Lindau-Reutin verkürzt sich die Fahrzeit von Zürich nach München um rund 45 Minuten auf neu zirka 4 Stunden. Die Relation wird bogenschnell mit den Zügen des Typs Astoro (Alstom ETR 610 bzw. RABE503) bedient. Die DB stellt ihre bisherigen IC-Busse zwischen Zürich und München ein. Zwischen Zürich und St. Gallen werden neu schnellere Verbindungen mit einer Fahrzeit von 59 Minuten angeboten. Dies wird dadurch erreicht, dass die Fahrlage des IC1 und IC5 gewechselt wird. Die IC5 von Lausanne bzw. Genf herkommend verkehren ab Zürich zweistündlich zur Minute 03/33 nach St. Gallen, ohne Halt zwischen Winterthur und St. Gallen. Zusammen mit dem EC Zürich – München ergibt sie eine stündlich schnelle Verbindung zwischen Zürich und St. Gallen.
Mehr Sitzplätze dank Twindexx-Zügen und Taktverdichtungen auf touristischen Strecken
Auf der Relation des IC1 zwischen St. Gallen - Zürich - Bern und Genf wird nun grösstenteils der FV-Dosto RABE502 – bekannt als Bombardier Twindexx – eingesetzt. Dadurch erhöht sich die Sitzplatzkapazität auf der Ost-West-Achse. Auch auf dem IR70 zwischen Zürich und Luzern wird die Sitzplatzkapazität mit dem neuen FV-Dosto erhöht. Auf der Linie Zürich - Chur wird das Angebot des IC3 in den Abendstunden erweitert und in den Zeiten hoher touristischer Nachfrage auf einen durchgehenden Halbstundentakt verdichtet.
Mehr Verbindungen in den Regionen und bei den S-Bahnen
Wenden wir unseren Blick dem Verkehr zwischen und in den Regionen zu. Zwischen Olten und Bern betreibt neu die BLS den IR17 unter der integralen Fernverkehrskonzession der SBB. Der bisherige IR17 Bern – Burgdorf – Olten – Zürich wird neu als IR35 betrieben. Im Mittelland können dank der Inbetriebnahme des Eppenbergtunnels und somit des vierspurigen Ausbaus der Strecke Zürich - Bern mehr Züge verkehren. Dies äussert sich durch den durchgehenden Halbstundentakt der S29 zwischen Turgi –Aarau und Zofingen. Die S11 Aarau – Zürich – Seuzach / Wila verkehrt täglich und hält neu integral in Othmarsingen. Zwischen Zürich und Arth-Goldau wird wochentags der durchgehende Halbstundentakt eingeführt. Mit der Verknüpfung des IR70 Luzern – Zürich mit dem IR13 von Zürich über Zürich Flughafen – St. Gallen nach Chur ergeben sich zahlreiche neue Direktverbindungen zwischen regionaleren Zentren und dem Flughafen Zürich. In der Westschweiz wird die RER Vaud bis nach Aigle verlängert und das Angebot in den Tagesrandzeiten mit neuen Frühverbindungen ergänzt. Das Nachtangebot des «Train Pyjama» wird am Freitag- und Samstagabend bis nach Saint-Maurice verlängert. Der Verbier Express wird ebenfalls zwischen dem 19. Dezember 2020 und 5. April 2021 zwischen Genf und Châble weitergeführt. Zwischen Freiburg und Yverdon-les-Bains gilt neu der integrale Halbstundentakt. Wegen grösseren Bauarbeiten zwischen La Chaux-de-Fonds- und Neuchâtel wird der Zugverkehr zwischen März und Oktober 2021 eingestellt und es mit einem Busersatz auszukommen.
Ein paar Wermutstropfen bleiben
Grundsätzlich bringt der Fahrplanwechsel viele positive Veränderungen mit Fahrzeitverkürzungen und neuen Direktverbindungen. Die Freude über die positiven Veränderungen wird aber aus drei Gründen getrübt: Einerseits herrscht bei der SBB immer noch ein grosser Lokführermangel. Da die Personalsituation dynamisch ist und die Korrektur von Fehlplanungen längere Zeit beansprucht, fehlen der SBB nach wie vor 200 Lokführer. Daher fallen derzeit im SBB Netz rund 2.2 Prozent aller Verbindungen aus. Mit dem Fahrplanwechsel sollten bis auf dem Léman Express wieder alle Verbindungen angeboten werden. Die Rückkehr zur Normalsituation beim Léman Express (Coppet – Genf – Annemasse / Bellegarde) ist für April 2021 geplant. Das zweite Problem stellen noch nicht abgeschlossene Bauprojekte dar, was der Corona-Pandemie geschuldet ist. Deshalb wird mancherorts noch mit Übergangsfahrplänen gearbeitet werden müssen. Weiter fällt auf, dass im internationalen Transitverkehr nach wie vor Direktverbindungen fehlen und teils erhebliche Umsteigezeiten von Nöten sind. Beispielsweise lässt sich Milano von München mit einmaligem Umsteigen in Zürich zwar neu rund 15 Minuten schneller erreichen, der Wermutstropfen bleibt die über 30minütige Umsteigezeit in Zürich. Nach wie vor sind die Fahrten über Verona auf dieser Relation schneller.
Bruno Fischer ist grosser Bahnfan und kennt das Schweizer Bahnsystem und jenes in Europa aus dem Effeff.