22. 02. 2018

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22. 02. 2018

Das Problem der letzten Meile: In Richtung einer innovativen Tür-zu-Tür-Mobilität

Ob man sich innerhalb einer Stadt bewegt, zwischen zwei Städten pendelt, ob für eine betagte Person oder eine Person mit Einkaufstaschen, Eltern mit Kinderwagen oder eine Frau, die sich unsicher fühlt, das Problem der letzten Meile ist für viele Benützer des öffentlichen Verkehrs nicht zu unterschätzen. Der Blog von unserem externen Redaktor Marc-Edouard Schultheiss.

Die letzte Meile bezeichnet im Verkehrswesen den letzten Abschnitt einer Transportkette, der nicht durch den öffentlichen Verkehr abgedeckt ist. Es ist die letzte Etappe, die die Tür-zu-Tür-Beförderung sicherstellt und die den gesamten Weg komplizierter und länger macht.

Infografik Mobility as a Service (MaaS)

© Marc-Edouard Schultheiss, Icons von The Noun Project*

Es geht dabei nicht einfach um ein Komfortproblem, sondern um ein Problem von gesellschaftlicher Dimension. Denn die letzte Meile verlangt häufig eine Form der Mobilität, die für viele andere Wege unpassend erscheint. Man ist so zwingend auf ein Auto angewiesen, um alltägliche Bedürfnisse zu erfüllen (zur Arbeit gehen, die Kinder zur Schule fahren, einkaufen etc.). Während die einen diese Art der Fortbewegung bewusst wählen, müssen andere sie erdulden.

Wie gibt es gleichwertige Lösungen für alle auf der letzten Meile?

Die neuen Technologien und die wachsenden Angebote der kombinierten Mobilität sind ein erster Schritt. Tatsächlich bietet eine Vielzahl von Apps leichten Zugang zu Fahrplänen, Verspätungsmeldungen und Anschlüssen an den Ortsverkehr. Die neue Generation von MaaS-Apps (Mobility as a Service) ermöglicht eine Routenplanung mit unterschiedlichen Transportmitteln und unter Berücksichtigung verschiedener Kriterien (Geschwindigkeit, Umweltbilanz, Gepäcksgrösse etc). Zudem soll damit der Kauf eines einzelnen Tickets für die gesamte Transportroute vereinfacht werden. Dadurch kann der Reisende seine Route selbständiger planen und optimieren.

Infografik Mobility as a Service (MaaS)

© Marc-Edouard Schultheiss

Und welche Lösungsansätze gibt es für Regionen mit einem dünnen öV-Netz?

Das Auto als motorisiertes Individualverkehrsmittel scheint in diesen Fällen nicht mehr das Allerheilmittel zu sein, trotz seiner Flexibilität. Die Option, ein Fahrzeug mit Unbekannten zu teilen (Carsharing) oder ein Fahrzeug zu benützen, das einem nicht gehört, gibt dem Auto aber neuen Auftrieb und erweitert seinen Nutzen. Das ist insbesondere die Idee von door2door in Berlin, einer Plattform, die Carsharingdienste mit Chauffeur anbietet. Der Unterschied zum traditionellen Taxi: Der Chauffeur bestimmt den Weg, indem er gleichzeitig die Fahrtzeit jedes Passagiers minimiert und die Auslastung des Fahrzeugs maximiert. Das heisst, der Chauffeur nimmt häufig einen kleinen Umweg in Kauf, um Passagiere mitzunehmen oder abzustellen.

© postauto.ch und © tpf.ch | Jo Bersier: “Der selbstfahrende Shuttlebus bindet abgelegene Quartiere ans Netz an, wo herkömmliche Angebote zu kostspielig sind. Kurzfristig erlaubt Navya, die Erschliessung der letzten Meile zu testen”, steht dazu auf der Seite der TPF. Infografik rechts: die Merkmales des TPF-Shuttlesbusses.
Weitere Chancen eröffnen Tests mit assistiertem Fahren oder on-Demand-Fahrten, insbesondere in einigen Schweizer Städten: Mehrere Transportunternehmen betreiben eine Flotte von selbstfahrenden Shuttle-Bussen. So zum Beispiel PostAuto in Sion und die TPF in Freiburg. Zur Zeit lernen die Fahrzeuge, sich ohne Chauffeur auf einem vordefinierten Weg zu bewegen. Das Ziel ist es, eine Flotte von Bussen in der Stadt einzusetzen, die ihre Route je nach Bedarf der Passagiere anpassen, was eine interessante Möglichkeit zur Erschliessung der letzten Meile sein kann.

© postauto.ch und © tpf.ch | Jo Bersier: “Der selbstfahrende Shuttlebus bindet abgelegene Quartiere ans Netz an, wo herkömmliche Angebote zu kostspielig sind. Kurzfristig erlaubt Navya, die Erschliessung der letzten Meile zu testen”, steht dazu auf der Seite der TPF. Infografik rechts: die Merkmales des TPF-Shuttlesbusses.

Das Ziel ist es, eine Flotte von Bussen in der Stadt einzusetzen, die ihre Route je nach Bedarf der Passagiere anpassen, was eine interessante Möglichkeit zur Erschliessung der letzten Meile sein kann.

Neue Lösungen auch für den Langsamverkehr

An der EPFL laufen zur Zeit Projekte zur Entwicklung von Serviceleistungen für Fussgänger. Die Idee ist, dass ein ferngesteuertes Gerät vom Typ Segway einen beim Aussteigen aus dem Zug abholt. Das Gefährt könnte so den Reisenden zur nächsten Station seiner Route bringen und ihm dabei etwa das Gepäck abnehmen.

Eine weitere Lösung für das Problem der letzten Meile bleibt das Velo, das sich in vielen Städten zunehmender Beliebtheit erfreut, trotz den Unannehmlichkeiten, die es mit sich bringt (kein Schutz vor Regen, beschwerliche Steigungen, prekäre Strassensicherheit etc). Im Herbst 2017 wurden erstmals Fahrräder von OBIKE und SMIDE in Zürich aufgestellt. Hunderte Velos sind zur Miete in den Strassen verteilt verfügbar und via App auffindbar.

Der Anbieter carvelo2go setzt auf Cargobike-Sharing und bedient so das Bedürfnis nach kleinen Gütertransporten.

In einer Welt, wo der Informationsfluss stetig zunimmt und die Technologie immer neue Überraschungen bereithält, werden so vom öffentlichen und privaten Sektor gemeinsame Anstrengungen unternommen, damit sich Mobilitätsdienstleistungen mit den Bedürfnissen der Gesellschaft weiterentwickeln können. Dank der Digitalisierung könnte die Tür-zu-Tür-Mobilität neu mit Verkehrsträgern möglich werden, die genauso komfortabel und flexibel sind wie das Auto und gleichzeitig ökologische und soziale Ziele zu erreichen helfen.

Quellen
*Icons von The Noun Project by by Natalia Jacquier, Chris Markhing, Corpus Delicti, Bence Bezeredy, Alex Podolsky, icon 54, Sittipong Haus
© door2door : https://www.door2door.io
© PostAuto : https://www.postauto.ch/fr/smartshuttle-projet
© TPF : http://www.tpf.ch/fr/navya
OBIKE : https://www.o.bike/chfr
SMIDE : https://www.smide.ch
© carvelo2go : https://www.carvelo2go.ch/fr/
© nzz : https://www.nzz.ch/quiz/zuerich/mietvelos-in-zuerich-was-sie-ueber-o-bikes-wissen-muessen-ld.1314735

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